Außerschulische Bildung 2/2025

Dem kodierten und impliziten Antisemitismus auf der Spur

Europäische Forschungsperspektiven für die politische Bildung

Das Projekt „Decoding Antisemitism“ am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin untersuchte Online-Antisemitismus in Europa mit dem Fokus auf Großbritannien, Frankreich und Deutschland. In den Analysezeitraum fiel der 7. Oktober 2023. Was konnten die Forscher*innen beobachten? Ein Gespräch mit dem Projektleiter Dr. Matthias J. Becker.

Wir wollten Antisemitismus mit verschiedenen Herangehensweisen, interdisziplinär und international untersuchen. Also eben nicht – wie wir es aus der Linguistik und Geschichte oft kennen – nur qualitativ die antisemitische Rhetorik im Detail anschauen oder, im Gegensatz dazu, rein quantitativ arbeiten und lediglich bestimmte problematische Wörter in einem Kommunikationsraum auszählen. Mit nur einer Methode kommen wir letzten Endes nicht wirklich weit.

Antisemitismus ist eine Hassideologie, die sich aus so vielen Konzepten zusammensetzt und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts tabuisiert wurde, zumindest in Teilen Europas. Es geht dabei nicht nur um die Vorstellung, dass Juden gierig seien oder Macht hätten oder Kinder umbringen würden. Auch diese ganzen historischen Analogien in Bezug auf den jüdischen Staat werden nicht immer eins zu eins reproduziert. Es gibt ein weites Spektrum an subtilen, impliziten und kodierten Formen des Antisemitismus.

Das Decoding Antisemitism-Projekt hatte daher zum Ziel, zunächst Geistes- und Sozialwissenschaften zu vereinen, um eine Taxonomie des Antisemitismus zu erarbeiten – dabei sollten auch politisch moderate Kontexte berücksichtigt werden, wie etwa die sozialen Medien des politischen Mainstreams. Unser Ansatz bestand darin, die Expertise eines vielfältigen, interdisziplinären Forscher-Teams mit dem Bereich der Data Science zu verbinden.