Außerschulische Bildung 2/2025

Machtkritisches Denken als Widerstand gegen extrem rechte Ideologien

Warum politische Bildung heute wichtiger denn je ist

Die politische Bildung spielt eine entscheidende Rolle im Kampf gegen extrem rechte und demokratiefeindliche Strömungen, die weltweit an Einfluss gewinnen. In demokratischen, multidiversen Gesellschaften gefährdet ihr Erstarken nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern stellt auch soziale Werte infrage. Politische Bildung dient dabei nicht nur der Wissensvermittlung über politische Systeme, sondern fördert auch kritisches Denken und die reflektierte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen. Sie hilft, extrem rechte Ideologien sowie Rassismus und Antisemitismus zu erkennen und ihre Gefahren für die Demokratie zu verstehen. von Karima Benbrahim

In einer Zeit, in der extrem rechte und demokratiefeindliche Strömungen weltweit an Einfluss gewinnen, ist die Rolle der politischen Bildung von entscheidender Bedeutung. Gerade in demokratischen und multidiversen Gesellschaften, in denen Aushandlungsprozesse und die Möglichkeiten der Artikulation, die Vielfalt der Meinungen und politischen Überzeugungen eine Grundlage für das Zusammenleben bilden, stellt das Erstarken von extrem rechtem und autoritärem Gedankengut eine Herausforderung dar, indem nicht nur die politische Landschaft verändert wird, sondern auch die sozialen Werte in Frage gestellt und der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet werden. Politische Bildung bietet in diesem Zusammenhang einen der wichtigsten Ansätze, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Sie ist nicht nur eine Maßnahme zur Vermittlung von Wissen über politische Systeme und Prozesse, sondern auch ein Werkzeug zur Förderung von kritischem Denken und der Fähigkeit zur reflektierten Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Fragen. Durch sie werden Individuen befähigt, extrem rechte Ideologien und virulente Phänomene wie Rassismus und Antisemitismus zu erkennen und ihre Gefährlichkeit bzw. Demokratiefeindlichkeit zu verstehen.

Bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 wurde die rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD) mit 20,8 % zweitstärkste Kraft in Deutschland, insbesondere durch Stimmen von Erstwähler*innen. Auch wenn der Anteil der 18- bis 24-Jährigen unter den Wahlberechtigten weniger als zehn Prozent ausmacht, hatte ihre Wahlentscheidung am Ende einen erheblichen Einfluss, weil sich viele deutlich gegen die Parteien der politischen Mitte entschieden. Junge Menschen, insbesondere junge Männer, neigen laut Umfragen der Financial Times dazu, konservative bis rechtsextreme Parteien zu wählen, während Frauen emanzipatorische Parteien bevorzugen. Laut Analysen der Parteiprogramme zeigen sich europaweit starke Übereinstimmungen zwischen den rechtspopulistischen Parteien, etwa bei der Forderung nach einem stärkeren Grenzschutz, einer restriktiven Migrationspolitik und einer Abwendung von Klimaschutzmaßnahmen sowie beim Wunsch nach einem geringeren Einfluss der EU.

Nach der Bundestagswahl wurde von den demokratischen Parteien kaum Selbstkritik geäußert. Stattdessen wurde Verwunderung darüber geäußert, dass junge Wähler*innen für eine rechtspopulistische Partei wie die AfD stimmten − obwohl seit Jahren in Studien wie z. B. den Mitte-Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung davor gewarnt wird. Im gesamten Bundeswahlkampf antworteten auch die demokratischen Parteien auf sozioökonomische Fragen, auf Fragen zu Wirtschaftswachstum, Frieden und Klimawandel mit rassistischen Narrativen und Angst und Panik schürenden Debatten über Migration. Die rechten Diskurse und politischen Debatten zum Gewinn von Wählerstimmen veranschaulichen eine Normalisierung von AfD-Positionen in der Mitte. Doch auch das führte – wie zu erwarten – zum weiteren Erstarken der rechten und in Teilen rechtsextremen Partei. Wie kann es sein, dass rechtsextreme Aussagen in der politischen Debatte normalisiert werden, um der AfD vermeintlich den Wind aus den Segeln zu nehmen? Diese Frage bleibt von den demokratischen Parteien bis heute unbeantwortet. Stattdessen stehen ausgerechnet jetzt die Kinder- und Jugendarbeit, die politische Bildung und die Demokratieförderung – die die so notwendigen rassismuskritischen und demokratischen Lern- und Bildungsprozesse fördern – unter großem Druck. Die nach der Bundestagswahl von der CDU gestellte Kleine Anfrage mit insgesamt 551 Fragen zur Finanzierung von gemeinnützigen Organisationen hat diesen Druck massiv erhöht.