Auf der Suche nach dem, was unser Land zusammenhält. Ein politischer Reisebericht
Hasnain Kazim, in Oldenburg geborener Autor mit indisch-pakistanischen Wurzeln, ist mittlerweile durch einige Publikationen – nicht nur als Auslandskorrespondent beim SPIEGEL – bekannt geworden, die sich zumeist mit hochpolitischen, aktuellen Themen auseinandersetzen. An dieser Stelle soll nur ein Buch genannt werden, das aus Sicht der Rezensentin durchaus ein Beweggrund für die Deutschlandtour gewesen sein könnte: „Post von Karlheinz. Wütende Mails von richtigen Deutschen – und was ich ihnen antworte“. In diesem Buch, das 2018 erschien, zeigt er, warum es so wichtig ist zu reden und auch Wutmails und Hasskommentare nicht unkommentiert zu lassen.
Nun bleibt er also nicht beim Schreiben, sondern fährt mit dem Fahrrad zu den Menschen, um mit ihnen zu sprechen. Sein Plan war: „… sprich mit so vielen Menschen wie möglich! Aus unterschiedlichen Milieus, mit unterschiedlichen Geschichten. Nur so bekommst du ein umfassendes Bild.“ (S. 69)
Er beginnt seine Touren voller Neugier und Offenheit und wartet ab, was und wer ihm begegnet. Er nutzt jede Gelegenheit, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Nicht immer gelingt es problemlos, oft werden Widersprüche und Gegensätze sichtbar, die sich nicht auflösen lassen, aber vielleicht auch deswegen bringen die meisten Begegnungen ihn und die Leserin ein Stück weiter. Deutlich wird vor allem, dass es keine unumstößlichen Gewissheiten gibt, dass die politischen Zuordnungen selten eindeutig sind und mindestens immer wieder hinterfragt werden müssen. Aber seine ernsthaften Versuche, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, die ihre rechtsextreme Gesinnung mehr oder weniger deutlich vor sich hertragen, scheitern. Sein Anliegen, zu verstehen, was diese Menschen antreibt, ist nicht erfolgreich, da sie das Gespräch verweigern.
Neben den Gesprächen ist es dem Autor wichtig, über die Geschichte der Orte und über politische Ereignisse, die sich mit den Orten verbinden, über die Besonderheiten der Natur, über die Kulturlandschaften, deren Entstehen und Auswirkungen auf die Menschen zu berichten. Der Rezensentin kam der von Martin Pollack geprägte Begriff der „kontaminierten Landschaften“ in den Sinn: Nichts ist in Deutschland einfach nur Natur. Alles ist geprägt durch das, was geschehen ist, und prägt wiederum das Leben der Menschen – seien es Kohle und Stahl und der damit verbundene Strukturwandel oder die mit Toten „durchtränkte“ Erde auf den Selower Höhen, um nur zwei Beispiele zu nennen.