Außerschulische Bildung 3-2024

Kritik und Chancen Künstlicher Intelligenz in der politischen Bildungsarbeit

Politische Bildung ist kritische Medienbildung

In diesem Beitrag wird argumentiert, dass sich politische Bildung in Zeiten umfassender Digitalisierung hin zu einer kritischen Medienbildung entwickeln muss. Die gesellschaftlichen Auswirkungen neuerer Entwicklungen im Feld der Künstlichen Intelligenz werden beleuchtet und es wird gezeigt, mit welchen Fragen politische Bildung sich dem Thema annehmen muss: Inwiefern ist Technik politisch? Wie viel Mensch steckt in Künstlichen Intelligenzen? Unter welchen Bedingungen weiß die KI, was sie weiß? Wer hat Zugang zu KIs? Wie stehen digitale Technologien und gesellschaftliche Transformation in Beziehung zueinander? Fragen wie diese erlauben es, neue Technologien im Rahmen unserer Arbeit nicht nur zu nutzen, sondern auch deren Einfluss auf Demokratie und Privatsphäre kritisch zu bewerten und zu vermitteln. von Alev Coban, Katrin Hünemörder, Serkan Ünsal

Diskriminierung, Verschwörungserzählungen und die Ausbeutung von Arbeitenden haben zwar ihren Ursprung in der analogen kapitalistischen Welt, erfahren jedoch durch digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) eine schnellere Verbreitung und Intensivierung. Wir sind der Meinung, dass genau das Spannungsfeld zwischen den Risiken Künstlicher Intelligenz, beispielsweise der Kommerzialisierung persönlicher Daten, den exkludierenden Zugängen sowie der Verbreitung demokratiefeindlicher Ideologien und Desinformation und den Chancen von KI zur gesellschaftlichen Teilhabe und politischer Meinungsbildung einen Diskussionsraum eröffnet, der für die politische Bildung fruchtbar gemacht werden muss. Das bedeutet für eine kritische Medienbildung in Bezug auf KI dreierlei: 1) ein Verständnis der technischen Funktionsweise von KI zu vermitteln, 2) die politische Dimension von digitalen Mechanismen wie Algorithmen zu analysieren und 3) das Aneignen und die partizipative Mitgestaltung von neuen Technologien und Anwendungen zu fördern.

Die Relevanz der Auseinandersetzung mit Künstlichen Intelligenzen in der politischen Bildungsarbeit ist einfach zu erklären: KI umgibt uns schon heute fast überall, sodass Beziehungen zu diesen Technologien alltäglich geworden sind. Daher betrachten wir in unserer medienpädagogischen Arbeit vor allem KIs aus dem Alltag, wie beispielsweise Chatbots, mit denen wir interagieren und Wissen strukturieren, Emotions- und Verhaltenserkennungssoftware, die über Kameras helfen, Menschen einzuordnen, oder Empfehlungsalgorithmen im Onlinehandel, bei Streaming-Diensten und in sozialen Netzwerken, die User*innen personalisierte Inhalte und Produkte vorschlagen. Wir fokussieren in diesem Artikel also Künstliche Intelligenzen, die Machine-Learning-Modelle sind. Das heißt, wir analysieren die politische Dimension von algorithmischen Systemen, die mit großen Mengen an Daten trainiert werden und darauf aufbauend Regelmäßigkeiten erkennen (vgl. Ulbrich/Braun Binder 2023). Solche Künstliche Intelligenzen wissen zunächst nicht, wie sie eine Aufgabe lösen können, sondern finden dies erst im Lernprozess durch die Wahrscheinlichkeit der richtigen Antwort heraus. Auf Grund dieser als revolutionär betrachteten Eigenschaft werden solche KIs selbstlernende Systeme genannt.

KI in der politischen Bildung