Außerschulische Bildung 2/2020

Europa er-fahren

Wie EU-Programme die Jugend und Jugendarbeit stärken

Angesichts der vielfältigen Problemlagen in Europa leisten die EU-Jugendprogramme (Erasmus+ JUGEND IN AKTION und Europäisches Solidaritätskorps) einen wichtigen Beitrag zur europäischen Integration und Identitätsbildung insbesondere bei jungen Menschen. Die Programme sind aktuell eingebettet in eine politische Debatte in Europa um Jugendarbeit (Youth Work). Im Kontext der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll eine European Youth Work Agenda verabschiedet werden, die der Jugendarbeit in Europa inkl. der Jugendprogramme einen bedeutenden jugendpolitischen Impuls verleihen kann. von Claudius Siebel

Im Moment kann einen die Sorge um die Zukunft Europas umtreiben. Der Brexit vom 31.01.2020 muss unzweifelhaft als tiefer Einschnitt in die neuere Geschichte der EU, als mögliches Ende einer weiterführenden und vertiefenden europäischen Integration bezeichnet werden. Daneben lassen uns die viel diskutierten und grassierenden Phänomene wie Europaskeptizismus, Rechtspopulismus und wachsender Nationalismus, der verstärkt auf nationale Alleingänge und Unilateralismus denn auf Integration, Zusammenarbeit und Multilateralismus setzt, keine Ruhe. Und angesichts der hier aufgeführten vielfachen Krisensymptome häufen sich zwar auch die positiven Bekenntnisse zur EU, aber im Grunde ist kein Ende in Sicht, was politische Gegensätze betrifft. Ebenfalls ist auch kaum ein mutiger Schritt nach vorne zu sehen, der wirklich substantiell die Integration der EU voranbringen könnte. Der aktuell ausgetragene und bisher ergebnislose Streit um den nächsten EU-Haushalt könnte kein besserer Beleg dafür sein. Statt sich mutig zur EU zu bekennen und in einem Akt gemeinsamer Verantwortung die wegfallenden Zahlungen Großbritanniens zu kompensieren und die EU mit einem tragfähigen Haushalt auszustatten, gibt es erneut ein nur noch schwer zu vermittelndes Gezänk um Geld, bei dem die oberste Priorität zu sein scheint, die EU bloß nicht mit noch mehr Mitteln auszustatten, dies vor allem mit Rücksicht auf nationale Haushalte und Debatten.

Immerhin scheint es bei der Mehrheit der immer noch proeuropäisch eingestellten Verantwortlichen in Kommission, Parlament und Rat in Brüssel ein Bekenntnis zu bestimmten politischen Prioritäten zu geben, die angesichts der Krisensituation dringlich geboten sind. Und dazu gehört das klare Bekenntnis zu den europäischen Förderprogrammen im Bildungs- und Jugendbereich. So hat das Europäische Parlament bereits am 28.03.2019 (vgl. Europäisches Parlament 2019) mit überwältigender Mehrheit (605 Ja-Stimmen) den Bericht von Milan Zver (MdEP, EVP, Slowenien) angenommen, in dem eine deutliche Mittelerhöhung für das Programm Erasmus+ gefordert wird. Das Europäische Parlament schlägt eine Verdreifachung der Mittel auf 41 Milliarden Euro vor, damit mehr junge Menschen am Programm teilnehmen können. Petra Kammerevert (MdEP, S&D), Vorsitzende des Ausschusses Kultur und Bildung (CULT), bekräftigt diese Forderung und appelliert eindringlich an die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten: „Man kann nicht immer über die Bedeutung von Erasmus+ schwadronieren und dann nicht bereit sein, den Geldbeutel zu öffnen. Es geht darum, Menschen in Europa zusammenzubringen und der Jugend Europas einen guten Weg in die Zukunft zu ebnen.“ (www.jugendpolitikineuropa.de/beitrag/haltung-das-europaeische-parlament-bestimmt-seine-position-fuer-erasmus-und-das-europaeische-solidaritaetskorps-ab-2021.10792; Zugriff: 06.04.2020)

Der Grund für diese klaren Bekenntnisse zu Erasmus+ findet sich denn auch unmittelbar in der verabschiedeten Entschließung des Parlaments, wenn es heißt: „Investitionen in Lernmobilität für alle (…) sind der Schlüssel, um inklusive, demokratische, kohärente und resiliente Gesellschaften zu bilden (…) und gleichzeitig einen Beitrag zur Stärkung der europäischen Identität, Grundsätze und Werte und zu einer demokratischen Union zu leisten.“ (Europäisches Parlament 2019, S. 4)