Außerschulische Bildung 2/2020

Ungleichheit in Europa

Was die Menschen erwarten und was jetzt getan werden muss

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat im Rahmen des Projekts „Für ein besseres Morgen“ verschiedene Studien durchgeführt, die die Grundlage für politische Vorschläge zu den Megathemen Europa, Demokratie, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Gleichstellung und Integration bildeten. Für diese sechs zentralen Politikfelder sind innerhalb von zwei Jahren Erzählsätze entwickelt worden, die durch die Studien empirisch belegt und wissenschaftlich untermauert wurden. Ziel ist es, mit konkreten Botschaften eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. von Sina Dürrenfeldt, Andrä Gärber und Thomas Hartmann

Neben Frieden, Demokratie und Freiheit gehört steigender Wohlstand von Beginn an zu den großen Versprechen eines vereinten Europas. Die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, in dem sich Güter, Kapital, Dienstleistungen und Menschen ohne Grenzen bewegen können, sollte nicht nur zu einem höheren, nachhaltigen Wirtschaftswachstum führen, sondern auch zur Annäherung der Mitgliedsländer beitragen. Der vorerst letzte Höhepunkt auf dem Weg einer tieferen ökonomischen Integration war die Errichtung der Eurozone. Hiermit war ebenfalls die Hoffnung verbunden, die gemeinsame Währung würde einen Prozess aufholender Konvergenz auslösen, sodass sich Länder mit geringeren Wohlstandsniveaus nach oben hin orientieren und relativ schnell an den materiellen Lebensstandard der reicheren Länder anschließen.

Historisch betrachtet schien sich das Versprechen über viele Jahre hinweg zu erfüllen: Der Wohlstand in den EU-Ländern stieg stetig an, die Wohlstandslücken zwischen den beteiligten Volkswirtschaften wurden kleiner. Doch spätestens seit dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und der darauffolgenden Krise in der Eurozone sind divergierende ökonomische Entwicklungspfade wieder deutlich sichtbar. Die wirtschaftliche und soziale Ungleichheit, sowohl in als auch zwischen den Ländern, verfestigt sich. Die Corona-Pandemie wird diesen Trend weiter verschärfen und wirkt wie ein Katalysator bestehender Schieflagen in der EU. Schon jetzt zeigt sich, dass die ärmeren Länder stärker unter der aktuellen Krise und ihren Folgen leiden werden als die Wohlhabenderen. Dabei sind die Rufe nach europäischer Solidarität laut und vielstimmig. Der ehemalige Kommissionspräsident Jacques Delors sprach angesichts der mangelnden europäischen Solidarität gar von einer „tödlichen Gefahr für die EU“.

Die Länder driften auseinander

Bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie befand sich der wirtschaftliche Integrationsprozess Europas – darüber darf die jüngste vorübergehende konjunkturelle Erholung nicht hinwegtäuschen – in einer schweren Krise. Die Ursache liegt in einer tief gehenden strukturellen Polarisierung zwischen den Mitgliedsländern und ist eng mit der Entstehung unterschiedlicher Wachstumsmodelle verknüpft.

Neben Frieden, Demokratie und Freiheit gehört steigender Wohlstand von Beginn an zu den großen Versprechen eines vereinten Europas.

Haupttreiber für die wirtschaftliche Spaltung ist der innereuropäische Wettbewerb um den besten Standort: Während der deutschsprachige Raum von seinem großen technologischen Know-how profitiert, setzen andere Länder, zum Beispiel Irland, auf niedrige Unternehmenssteuersätze – ein ruinöser Steuerwettbewerb, der in erster Linie große Unternehmen erfreut. Osteuropa wirbt mit niedrigen Lohnniveaus, auf dem Rücken entsandter Arbeiternehmer*innen wird Sozial- und Lohndumping befördert. Das Resultat sind sich selbstverstärkende Effekte: Die einen locken Investoren an und erzielen ein höheres Wachstum, die anderen fallen weiter zurück. Vor allem die südlichen Länder der Eurozone haben es schwer. Mit ihrem verschuldungsgetriebenen Wachstumsmodell gerieten sie nach der krisenbedingten Eskalation ab 2008 besonders unter Druck. Sie erlebten ein „verlorenes Jahrzehnt“ mit einer verheerenden Wachstums- und Wohlstandsentwicklung und haben kaum noch Spielraum, um aufzuholen. Welche langfristigen wirtschaftlichen Schäden die aktuelle Krise mit sich bringen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar (vgl. Kapeller/Gräbner/Heimberger 2019).

So sind die Lebensverhältnisse zwanzig Jahre nach der Errichtung der Eurozone noch immer beunruhigend ungleich. Das Versprechen, die europäische Integration würde die Länder wirtschaftlich und sozial einander annähern, wird nicht mehr eingelöst. Das stellt nicht nur für den ökonomischen, sondern auch für den sozialen und politischen Zusammenhalt Europas eine erhebliche Gefahr dar. Letztlich betrifft es die Zukunftsfähigkeit der Eurozone und der EU als Ganzes. Die vergangenen Krisenjahre haben schließlich bereits offenbart, welch spalterisches Potenzial die große ökonomische Ungleichheit innerhalb der EU entfalten kann (vgl. ebd.).

Auch von den Bürger*innen werden die gewaltigen Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsländern als problematisch empfunden. Das belegt u. a. eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, für die Wahlberechtigte in Deutschland im Herbst 2018 zu ihren Erwartungen an Europa befragt wurden (vgl. Posthofen/Schmidt 2018). Zwar genießt die EU bei ihnen insgesamt weiterhin eine breite Akzeptanz, gleichzeitig besteht aber ein großer Wunsch nach Veränderung und einer sozialeren Ausrichtung. Jede/r Dritte beurteilt die EU-Mitgliedsländer als sehr unterschiedlich in ihrer Wirtschaftsleistung. Jede/r Vierte nimmt die Lebensstandards als sehr verschieden wahr. Drei Viertel der Befragten meinen, dass die meisten Probleme der EU auf die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den EU-Ländern zurückzuführen sind. Und knapp 80 % stimmen der Aussage zu, dass es langfristig auch für Deutschland schädlich ist, wenn es anderen EU-Ländern wirtschaftlich schlecht geht. Es gibt also ein starkes Bewusstsein für die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den Mitgliedsländern.

Der Wunsch nach einer gerechteren EU

Gefragt, für welche Werte die EU heute steht, antwortet nahezu jede/r Zweite mit „Frieden“ (44 %), gefolgt von „Demokratie“ (40 %). „Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg“ schreiben nur 27 % der EU zu. „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ und „Gerechtigkeit“ meinen jeweils gerade mal 13 % im Wirken der EU zu erkennen (vgl. Posthofen/Schmidt 2018, S. 11). Dabei wünschen sich die Befragten eine gerechtere EU, in der mehr für gleichwertige Lebensverhältnisse getan wird. Auf die Frage, welche Werte sie persönlich stärker verwirklicht sehen wollen, antworten 28 % mit „gleichwertige Lebensverhältnisse“ und 33 % mit mehr „Gerechtigkeit“ (vgl. ebd.). Die hohe Diskrepanz zwischen Wunsch und empfundener Wirklichkeit in diesen Bereichen zeigt: Es besteht ein Gerechtigkeitsdefizit, das die EU aktuell anscheinend nicht füllen kann.

Der Wunsch nach einer gerechteren EU Foto: Stefanie Mayrwörger

Allgemein fällt auf, dass die Bürger*innen vor allem sozialen Themen die höchste Bedeutung beimessen. Unter den fünf wichtigsten Feldern finden sich – neben „Schutz vor Verbrechen und Terror“ – vier, die soziale Fragen ansprechen, nämlich „Rente und Altersvorsorge“, „Gesundheitsversorgung“, „Bildung und Erziehung“ sowie „Wohnen und Miete“. Jedoch wird die Zuständigkeit für diese konkreten sozialpolitischen Themen klar der nationalen Politik zugeschrieben (vgl. ebd., S. 14). Von der EU werden hier mehrheitlich keine Lösungen erwartet. Die Gründe dafür scheinen vielfältig zu sein: Zum einen bestehen Zweifel, ob es der EU als Institution überhaupt möglich ist, wirksame Maßnahmen auf diesen Feldern durchzusetzen. Zum anderen scheint das Vertrauen in deren Motivlage – vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit eher wirtschafts- und neoliberal ausgerichteten Politik innerhalb der EU – eher gering zu sein (vgl. ebd., S. 16). In der Tat ist die EU im Bereich der Sozialpolitik bisher sehr zurückhaltend aufgetreten und verfügt über geringe Kompetenzen. Ihre sozialpolitische Agenda wird vermutlich nur wenigen Bürger*innen bekannt sein.

Trotzdem ist eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz für konkrete Maßnahmen vorhanden, mit denen der Ungleichheit auch auf europäischer Ebene begegnet werden kann. Drei Viertel befürworten gemeinsame soziale Mindeststandards in allen EU-Ländern (76 %), ähnlich viele sprechen sich für einen EU-weiten Mindestlohn aus (74 %) sowie für eine Schutzklausel für Sozialsysteme, die den Abbau von Sozialleistungen in einzelnen EU-Ländern verhindern soll (73 %). Ebenso erzielen gemeinsame Anstrengungen zur wirtschaftlichen Regulierung sowie eine einheitliche Besteuerung multinationaler Unternehmen (77 %) hohe Zustimmungswerte. Zudem finden gemeinsame Investitionen in Infrastruktur Zuspruch, beispielsweise in digitale Netze oder in ein gemeinsames Schienensystem (73 %). Nach der eigenen Priorisierung gefragt, zeigt sich eine starke sozialpolitische Präferenz: Fast die Hälfte zählt gemeinsame soziale Mindeststandards in allen EU-Ländern zu den drei wichtigsten Maßnahmen. Es folgen die Einführung eines EU-weiten Mindestlohns und die einheitliche Besteuerung von multinationalen Unternehmen (vgl. Posthofen/Schmidt 2018, S. 18 ff.).

Die Mehrheit will eine solidarische Politik. Allerdings legen die Antworten zur Akzeptanz auch nahe, dass die Befragten nicht bedingungslos bereit sind, politische Maßnahmen in diesem Bereich zu unterstützen. Vier von fünf Befragten befürworten eine stärkere Kontrolle der jährlichen Neuverschuldung einzelner EU-Länder (79 %). Für 37 % zählt diese Kontrolle sogar zu den drei wichtigsten Maßnahmen. Dies muss als Hinweis darauf verstanden werden, dass Verantwortlichkeit, Transparenz und Kontrollierbarkeit teils notwendige Bedingungen für die Akzeptanz konkreter Maßnahmen sind. Noch deutlicher zeigen sich die Grenzen bei einem Schuldenerlass für Euro-Länder, die sehr hohe Schulden haben. Diese Maßnahme findet nur bei 26 % Anklang. Als eine der drei wichtigsten Maßnahmen zum Abbau sozialer Ungleichheit im europäischen Kontext wird der Schuldenerlass von bloß acht Prozent genannt. Zu solchen Maßnahmen, die als einseitig empfunden werden, besteht scheinbar eher wenig Bereitschaft (vgl. ebd.).

Tatsächlich wäre eine wirtschaftspolitische Gesamtstrategie mit aufeinander abgestimmt Maßnahmen wie zum Beispiel eine europäische Arbeitslosenrückversicherung oder eine stärker koordinierte Lohn- und Steuerpolitik der richtige Weg, um die wachsende Ungleichheit und das anhaltende Auseinanderdriften der Länder auf europäischer Ebene zu bremsen.

Tatsächlich wäre eine wirtschaftspolitische Gesamtstrategie mit aufeinander abgestimmt Maßnahmen wie zum Beispiel eine europäische Arbeitslosenrückversicherung oder eine stärker koordinierte Lohn- und Steuerpolitik der richtige Weg, um die wachsende Ungleichheit und das anhaltende Auseinanderdriften der Länder auf europäischer Ebene zu bremsen. Nicht nur einzelne, sondern alle Länder der Eurozone würden davon profitieren. Dass solche wichtigen weiterführenden Integrationsschritte trotz anhaltender Diskussionen und teils guter Zustimmungswerte bei den Bürger*innen bislang weitgehend ausgeblieben sind, mag unter anderem daran liegen, dass viele der beteiligten Akteur*innen von der Wirksamkeit solcher wirtschaftspolitischen Maßnahmen schlicht nicht überzeugt sind. Sicherlich spielt aber zusätzlich eine Rolle, dass einige Akteure lieber weiter an Standortwettbewerb und Sparpolitik festhalten wollen. Ein großer Verlust für Europa, wie Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) belegen.

Maßnahmen gegen die Polarisierung

Mithilfe sogenannter kontrafaktischer Simulationen haben die Forscher*innen analysiert, welche konkreten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen verschiedene wirtschaftspolitische Maßnahmen einzeln oder zusammengenommen auf die vier großen Volkswirtschaften der Eurozone (Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien) sowie die Eurozone als Ganzes gehabt hätten, wenn sie bereits in der Vergangenheit eingeführt worden wären (vgl. Behrend et al. 2019). Sie zeigen, dass insbesondere eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen im Sinne der „Goldenen Regel der Finanzpolitik“ erhebliche zusätzliche Wachstums- und Wohlstandsgewinne mit sich gebracht hätten. Außerdem hätte eine koordinierte europäische Lohnpolitik, die sich am Produktivitätsfortschritt und der Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank orientiert, die wirtschaftliche Entwicklung ebenfalls stabilisiert und das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone tendenziell weiter erhöht. Auch haben sie sich mit der Einführung eines Mindeststeuersatzes für Unternehmenserträge beschäftigt: Dieser hätte bei adäquater Umsetzung selbst in den von Steuererhöhungen betroffenen Ländern – beispielsweise in Irland und den Niederlanden – keine Wachstums- und Wohlstandsverluste verursacht.

Widerlegen konnten die Forscher*innen die in Deutschland oft vertretene Auffassung, das eigene Modell einer restriktiven Lohnpolitik sei eine gute Vorlage für andere europäische Länder. Dies hätte nicht zu mehr Wachstum und Wohlstand in Europa geführt. Hätte es hingegen schon in der schweren Rezessionsphase eine europäische Arbeitslosenrückversicherung gegeben, hätte diese erhebliche stabilisierende Wirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung gehabt. Die Wirtschaft wäre besonders in Italien und Spanien schneller gewachsen und die Krise abgemildert worden (vgl. Behrend et al. 2019, S. 18 f.).

Darüber hinaus haben die Forscher*innen das bislang umstrittene Eurozonen-Budget untersucht, das einen Teil des EU-Haushalts ausmacht, aber ausschließlich Ländern vorbehalten ist, die den Euro bereits eingeführt haben oder sich darauf vorbereiten. Sie kritisieren, dass die – vor der Corona-Krise veranschlagten – 17 Milliarden Euro verteilt über sieben Jahre viel zu gering ausfallen, um eine stabilisierende Wirkung zu erreichen. Allerdings hätte ein quantitativ relevanteres und antizyklisch ausgestaltetes Eurozonen-Budget durchaus signifikante Stabilisierungseffekte (vgl. ebd., S. 5).

Informationsstand der Friedrich-Ebert-Stiftung auf dem SPD-Bundesparteitag 2019 im City Cube in Berlin Foto: FES/Reiner Zensen

Die Analysen zeigen eindrucksvoll: Wären diese wirtschaftspolitischen Maßnahmen bereits in der Vergangenheit umgesetzt worden, hätte Europa bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie um einiges besser dagestanden. Für die Zukunft lässt sich daraus ableiten: Ein Kurswechsel ist nötig. Denn schon jetzt ist absehbar, dass einige Länder der EU mit der Bewältigung der aktuellen Krise überfordert sein werden. Das vereinte Europa durchlebt gegenwärtig den größten Stresstest seiner Geschichte. Von den anfänglichen nationalen Alleingängen und Grenzschließungen ging eine zusätzliche desintegrative Kraft aus. Die EU hat auf die Krise zwar erst spät reagiert, die nun ergriffenen Maßnahmen können aber auch Hoffnung für ein solidarischeres Europa wecken. Neben finanziellen Soforthilfen gleicht etwa das Kurzarbeiterprogramm SURE der schrittweisen Einführung einer Arbeitlosenrückversicherung, selbst wenn sie bislang nur befristet gilt. Auch das Aussetzen des Stabilitäts- und Wachstumspakts und die Maßnahmen der EZB werden von allen Staaten mitgetragen. Heftig umstritten bleiben jedoch die geforderten Schuldeninstrumente. Statt nationale Egoismen, steigende Konkurrenz und wachsende Ungleichheit länger hinzunehmen und weiter zu verschärfen, bedarf es einer grenzüberschreitenden Wirtschaftspolitik mit mehr koordinierten Maßnahmen über den aktuellen Krisenbewältigungsmodus hinaus. Dafür könnte gerade jetzt die bestehende Diskussion, die Vergabe von EU-Mitteln an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien und demokratischer Grundwerte zu binden, neu geführt werden. Nur so kann verhindert werden, dass die Lebensverhältnisse in Europa noch weiter auseinanderdriften.

„Für ein besseres Morgen“ – Ein Projekt der Friedrich-Ebert-Stiftung 2018–2019

Alle dargestellten Studienergebnisse sind im Rahmen des Projekts „Für ein besseres Morgen“ entstanden (www.fes.de/fuer-ein-besseres-morgen). Mit dem Projekt entwickelt die Friedrich-Ebert-Stiftung politische Vorschläge für die großen Fragen unserer Zeit und bezieht Position. Neben Europa stehen dabei Demokratie, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Gleichstellung und Integration im Fokus. Für diese sechs zentralen Politikfelder sind innerhalb von zwei Jahren Erzählsätze entwickelt worden, die durch Umfragen empirisch belegt und durch Studien wissenschaftlich untermauert wurden. Ziel ist es, mit konkreten Botschaften, die deutschlandweit und darüber hinaus Relevanz haben, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.

Denn die Entwicklungen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt: Wir stehen vor tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie noch verstärkt werden: Wachsende Ungleichheit, Umbrüche in der Arbeitswelt durch Digitalisierung und Globalisierung, starke Migrationsbewegungen, der Klimawandel sowie die Krisen der Europäischen Union und des Multilateralismus – dies werden die großen Themen der Zukunft sein. Darauf müssen wir überzeugende, fortschrittliche und zuversichtliche Antworten geben – auf Grundlage der Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, flankiert von Prinzipien wie Gleichheit, Sicherheit, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit sowie Offenheit für Innovationen und immer die kommunale, regionale, nationale, europäische und globale Ebene im Blick.

Es reicht nicht aus, punktuelle Handlungsempfehlungen für die Politik auszusprechen. Ebenso wenig genügt es, Gefahren lediglich zu benennen und in eine rein reaktive Haltung zu verfallen. Angst ist keine Option. Für Herausforderungen dieser Größenordnung sind zukunftsweisende Ideen und Strategien gefragt: Langfristig angelegte Erzählungen, die deutlich machen wie die soziale Demokratie die Welt sieht, für was sie steht und kämpft und wie genau sie die Zukunft des Landes, Europas und der Welt gestalten will – für ein besseres Morgen!

Dieser Beitrag erscheint in ähnlicher Form in der Fachzeitschrift „Weiterbildung“ 3/2020.

Zu den Autor*innen

Sina Dürrenfeldt ist in der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
sina.duerrenfeldt@fes.de
Dr. Andrä Gärber ist Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Andrae.Gaerber@fes.de
Thomas Hartmann ist Referent in der Akademie für Soziale Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung.
thomas.hartmann@fes.de

Literatur

Behrend, Alexander/Gehr, Katja/Paetz, Christoph/Theobald, Thomas/Watzka, Sebastian (2019): Europa kann es besser: Wirtschaftspolitische Szenarien für ein stabileres Wachstum und mehr Wohlstand. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung
Kapeller, Jakob/Gräbner, Claudius/Heimberger, Philipp (2019): Wirtschaftliche Polarisierung in Europa 2019: Ursachen und Handlungsoptionen. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung
Posthofen, Martha/Schmid, Frieder (2018): Gerechter. Sozialer. Weniger ungleich: Was die Deutschen von Europa erwarten. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung