Politische Bildung in Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung, Klimawandel und einer Pandemie
Die Globalisierung und die mit ihr einhergehende Migration, die Digitalisierung und die Erderwärmung besitzen das Potenzial, das Leben sehr vieler Menschen auf unserem Globus dramatisch zu beeinflussen (vgl. Friedman 2017). Jede dieser drei großen Transformationen, vor allem aber auch die Erfahrung einer weltweiten Gesundheits- und Wirtschaftskrise infolge des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) (vgl. Münch 2020), zeigen bereits jetzt massive Auswirkungen auf die nationale wie die supranationale Politik, auf Ökonomien und Gesellschaften weltweit und führen dazu, dass „alte“ Fragen sich auf neue Weise stellen: die Fragen von Eigentum und Verteilung sowie der Konzentration von wirtschaftlicher und politischer Macht. Fragen nach Gerechtigkeit, Teilhabe und Zugang gewinnen neue Bedeutung. Wir machen uns Gedanken (und viele auch Sorgen), welche Auswirkungen die Pandemie, die Digitalisierung, aber auch die Erderwärmung für den Industriestandort Deutschland und dessen Arbeitsplätze haben werden. Und so mancher fragt sich, wie es gelingen soll, die Erfordernisse des Klimaschutzes umweltverträglich zu meistern (vgl. Soentgen 2020). Der Blogger Sascha Lobo spricht in seinem Buch vom „Realitätsschock“ (2019), den alle westlichen Gesellschaften erlitten hätten – und meint damit: „Plötzlich müssen wir erkennen, dass die Welt anders ist als gedacht oder erhofft.“
Infragestellung des Primats der Politik
Die genannten Transformationen und Krisen fordern in erster Linie die Politik heraus – aber sie wirken sich zwangsläufig auch direkt auf die Politische Bildung aus. Schließlich stehen wir vor der wohl größten Herausforderung für den „Gesellschaftsvertrag der Nachkriegszeit“, also für den gesellschaftlichen und politischen Konsens über die Notwendigkeit, globale Macht durch internationale Verträge und nationale Macht durch gewaltenteilende Mechanismen zu bändigen. Zu allem Überfluss beobachten wir gleichzeitig, dass die klassische staatliche Steuerung mittels Regulierung angesichts der Macht trans- und international agierender Akteure an Wirksamkeit verliert und die Bereitschaft, selbst innerhalb der Europäischen Union nach gemeinsamen Lösungen zu suchen und diese einheitlich umzusetzen, in dem Maße zurückging, in dem sich das Coronavirus ausbreitete.