Außerschulische Bildung 3/2022

Werner Helsper: Professionalität und Professionalisierung pädagogischen Handels

Eine Einführung

Historisch etwas weit ausholend und thematisch mäandernd liest sich der Einstieg in dieses Buch zum Thema professionelles Handeln im Unterschied zu beruflichem Handeln. Aber dieser Einstieg mag für Studierende, für die dieses Buch in erster Linie geschrieben ist, durchaus geeignet sein. Dabei unterscheidet der Autor kollektive und individuelle Professionalisierung, deren Kern darin besteht, dass es sich um eine stellvertretende Krisenlösung handelt – was Helsper auch explizit für den Bildungsbereich gelten lässt. Die Professionalisierung realisiert sich in den Ebenen Ausbildung (= Studium), Praktika, Felderfahrung und Fortbildung, wobei er dem Studium in den pädagogischen Feldern die wichtigste Rolle zuspricht.

Nach einer relativ trockenen Übersicht über die unterschiedlichsten professionstheoretischen Ansätze widmet er sich der pädagogischen Professionalität, deren Kern er in der Vermittlung von Theorie und Praxis verortet, mit dem Studium als entscheidende Grundlage. In der Ausübung der Profession kommt es zur Differenzierung von Wissen und Können, wo blitzschnelle Entscheidungen aus der Fülle des Allgemeinen im je einzelnen Fall getroffen werden müssen. Fallrekonstruktion und berufliche Routinen kennzeichnen diese Ebene, die durch die (berufs-)grafischen Erfahrungen kumulativ vergrößert wird. Ausführlich geht er auf die Notwendigkeit des Arbeitsbündnisses mit der Klientel und den Besonderheiten in Zwangskontexten ein, von der Schulpflicht bis zur Heimsituation. Auch für den letztgenannten Bereich arbeitet Helsper heraus, dass es viele Beispiel gelungener Vertrauensbeziehungen auch in diesem Kontext geben kann.

Viel Raum nimmt in seiner Veröffentlichung die Definition von pädagogischen Antinomien und pädagogischen Dilemmata ein – in seiner Ausführlichkeit nicht nur ein Gewinn für Studierende, sondern auch für die pädagogische Praxis. In einem gesonderten Kapitel geht er auch auf die Erwachsenenbildung ein. Nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene sehen sich – mit Verweis auf Rosa (2005) und Reckwitz (2017) – zunehmend Entscheidungskrisen in Modernisierungsprozessen ausgesetzt, die unsere Vorstellung von Erwachsensein verändern. Neben sinnsuchenden Bildungsmotiven verzeichnet er auch eher sachliche Bildungsmotive, von der Fremdsprache bis zur beruflichen Weiterbildung. In unterschiedlichem Maße vereinen diese Motive hingegen, dass die Professionellen es mehr oder minder mit Selbstbildnern zu tun haben, die im Bildungssetting eher ein beratendes Arbeitsbündnis eingehen.

Zu den aktuellen Entwicklungen im Feld pädagogischer Professionalität konstatiert Helsper eine gegenläufige Entwicklung: einerseits eine Relativierung des Professionellen, andererseits ein erhöhter Bedarf an Professionalität. Sich stützend auf Antony Giddens Theorie der „reflexiven Moderne“ spricht er von der Rückkehr des Wissens in den Alltag der Klientel der Professionellen. Deren Expertenwissen wird zunehmend weniger exklusiv: Ratgeber, digitales Wissen und Chatkommunikation ermöglichen eine Steigerung des individuell verfügbaren Wissens, mit allen bekannten Vor- wie Nachteilen. Der Profession der Sozialen Arbeit ergeht es nicht anders als der Profession der Ärztin oder des Lehrers. Mit Verweis auf Gross (1985) und Schütze (1992) empfiehlt er den Begriff der „bescheidenen Profession.