Außerschulische Bildung 1/2022

„America is back“

Ziele und Herausforderungen der Außenpolitik von Joe Biden

Die Außenpolitik von Joe Biden ist eng mit dem Anspruch verknüpft, die USA wieder als Führungsmacht in der Welt zu etablieren und als verlässlicher Akteur in multilateralen Institutionen und im Einklang mit internationalen Partnern aufzutreten. Der neue Präsident versprach zum Amtsantritt 2021 eine Abkehr von der America First-Politik der Ära Trump, er wolle Demokratien stärken und rief eine Außenpolitik für die Mittelschicht aus. Unter welchen (innenpolitischen) Bedingungen nahm die Biden-Regierung ihre Arbeit auf, um diesen Politikentwurf zu realisieren? Und welche ersten Erkenntnisse lassen sich am Ende des ersten Regierungsjahres über den außenpolitischen Stil von Joe Biden gewinnen? von Sarah Wagner und David Sirakov

America First – US-Außenpolitik in der Ära Trump

Um die außenpolitischen Leitlinien und Handlungen der Biden-Regierung einordnen zu können, bedarf es eines kurzen Rückblicks auf die Amtszeit seines Vorgängers, Präsident Donald Trump. Die Außenpolitik der Trump-Regierung galt vielen Beobachter*innen als „beispiellos“ (Böller/Sirakov 2020, S. 29). So war der Kommunikationsstil des Präsidenten, vor allem auf dessen Lieblingsmedium, dem Kurznachrichtendienst Twitter, von erratischen Ausbrüchen, Drohungen, Beleidigungen, Lügen und Fehlinformationen geprägt. Außenpolitische Inhalte wurden häufig ohne Kontext und vorherige Konsultationen, sei es mit den eigenen Berater*innen oder befreundeten Staaten, auf Twitter verkündet und Ergebnisse von Gipfeltreffen im Nachhinein via Tweet torpediert (vgl. Cochrane 2018). Doch neben diesen diplomatischen und rhetorischen Fehltritten gegenüber Verbündeten war es vor allem die Herauslösung der USA aus internationalen Strukturen und Institutionen, die prägend war für die Außenpolitik von Donald Trump. Die America First-Doktrin zeigte sich im Infragestellen der NATO, einem geplanten Abzug von US-Truppenkontingenten aus Deutschland sowie dem Austritt oder Rückzug aus internationalen Abkommen und Institutionen. Davon betroffen waren unter anderem das Pariser Klimaabkommen, das Abrüstungsabkommen INF, das Transpazifische Partnerschaftsabkommen, die UNESCO, das iranische Nuklearabkommen oder auch das Open Skies-Abkommen.

Diese Form der präsidialen Kommunikation und das Streben nach mehr Autonomie außerhalb von multilateralen Strukturen hatten zwei bedeutende Konsequenzen für die USA auf dem internationalen Parkett: ein Vertrauensverlust in die Verlässlichkeit des Landes sowie ein schwindender Einfluss der USA in den internationalen Beziehungen (vgl. Böller/Sirakov 2020, S. 32). Der schlingernde außenpolitische Kurs von Donald Trump erschütterte das Vertrauen traditioneller Partner und Verbündeter nachhaltig, das Misstrauen gegenüber außenpolitischen Plänen und Projekten der USA wuchs. Dies führte geradewegs dazu, dass es den USA zunehmend schwerer fiel, die Unterstützung bei den Partnern für politische Vorhaben in internationalen Institutionen zu gewinnen. Der sich dadurch einstellende Verlust an Einfluss ermöglichte es zugleich, dass konkurrierende Staaten wie Russland und China ihre Machtpositionen ausbauen konnten (vgl. ebd.).