Außerschulische Bildung 3/2020

Die globalen Jugendbewegung(en) für das Klima

Was hat das mit politischer Jugendbildung zu tun?

Zu den großen Überraschungen der letzten Jahre gehört das starke Engagement von jungen Menschen in Protestbewegungen. Nahezu ein Viertel der 14- bis 24-Jährigen in Deutschland gibt im Sommer 2019 an, sich an einer der Mobilisierungen von Fridays for Future beteiligt zu haben. Der Beitrag setzt sich mit der Frage auseinander, ob es dabei um jugendbewegte Themen oder grundlegende Zukunftsfragen geht. Politische Bildung sollte die Schubkraft der Proteste nutzen und Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit verstärkt auf die Tagesordnung setzen und einen Beitrag leisten, den weitgehenden Ausschluss der nachwachsenden Generation aus der politischen Willensbildung zu überwinden.  von Roland Roth

Jugend, Jugendbewegungen und soziale Bewegungen

Wer das Protestgeschehen der letzten Jahre national wie international beobachtet, wird den großen Anteil junger Menschen nicht übersehen können, die sich auf Straßen und Plätzen versammeln. Dies war schon bei Aufbrüchen im arabischen Raum der Fall, prägte die transnationale „Occupy!“-Bewegung gegen die Macht der globalen Finanzbranche und wurde besonders in den diversen Klimastreiks sichtbar. Handelt es sich bei den sozialen Bewegungen unserer Tage – wie z. B. Fridays for Future (FFF) oder Black Lifes Matter – deshalb schon um Jugendbewegungen und was kann darunter heute verstanden werden? Mit Blick auf das Alter der Protestteilnehmer*innen scheint die Antwort eindeutig. Auf vielen Demonstrationen dominieren die jüngeren Generationen. Sie prägen das Bild der Straßenproteste, auch wenn sich immer wieder Ältere demonstrativ mit Plakaten wie „Omas fürs Klima“ dazugesellen. Dies mag erstaunen, schien es doch eine Weile so, als sei das Demonstrieren die nostalgische Sache einer alt gewordenen „Protestgeneration“, von der sich jüngere, oft als „pragmatisch“ eingestufte Generationen fernhalten oder lieber – wenn überhaupt – digital aktiv werden.

Solche Generationenbilder waren vermutlich immer schief. Eine mehr oder weniger kleine Teilgruppe der nachwachsenden Generation wird dabei häufig zu deren Generalnenner stilisiert. Zum Beispiel konnten die „Achtundsechziger“ auch in ihren besten Zeiten nie mehr als einige wenige Prozent ihrer Alterskohorte mobilisieren. Erst sehr viel später wurde es schick, dazu gehört zu haben, und die Zahl der fiktiven Protagonist*innen nahm mit jedem Jahrestag zu. Generationenbilder sind häufig auch deshalb unzulänglich, weil in den Jugendstudien der direkte Vergleich mit den Erwachsenen in der Regel fehlt. Die Zuschreibung von Eigenschaften an die nachwachsende Generation wird deshalb leicht zum Ergebnis der Projektionen von in der Regel erwachsenen und älteren Forscher*innen. Der Blick auf das Alter der Protestierenden täuscht auch aus einem anderen Grund. Junge Menschen prägen die große Mehrzahl aller aktuellen Proteste und haben dies auch bei Rebellionen und Revolutionen getan. Aber niemand käme auf die Idee, die Protestbewegungen im arabischen Raum („Arabellion“), die Französische Revolution oder die Nazi-Bewegung deshalb als Jugendbewegungen zu etikettieren.