Außerschulische Bildung 1/2021

Die Zukunft des Arbeitens …

… ist auch eine Verteilungsfrage

Zu allen Zeiten hatten Menschen Erwartungen über die Zukunft des Arbeitens. Viele dieser Erwartungen sind enttäuscht worden. Das soll nicht daran hindern, weiterhin politisch einen Gestaltunganspruch zu artikulieren. Dieser kann sich allerdings nicht alleine auf die Erwerbsarbeit beziehen. Und dieser Gestaltungsanspruch hat auch eine demokratische Dimension, was häufig übersehen wird. Mehr Fragen als Antworten. von Uwe Roßbach

In freier Anlehnung an Augustinus kann man drei Dimensionen von Gegenwärtigem ausmachen: Die Gegenwart der Vergangenheit, die Gegenwart der Gegenwart und die Gegenwart der Zukunft (vgl. Augustinus 401, 11. Buch, 20. Kap./26. Abschn.). Gewendet auf das Thema dieses Beitrags könnte das bedeuten, dass die Zukunft des Arbeitens auch im Gegenwärtigen zu finden ist, wie dieses wiederum auf dem Weiterwirken von (vermeintlich) Vergangenem beruht. Der Blick auf die Vergangenheit lohnt sich allemal. Wenn er gut aufbereitet ist wie bei Klaus Türk (2000), kann er über die Unmassen der Literatur über die vergangene Gegenwart der Arbeit bzw. des Arbeitens und dessen Zukünfte Zukünfte hieß eine von 1991 bis 2008 erschienene Zeitschrift, die von Robert Jungk, einer Leitfigur der kritischen Zukunftsforschung, mitbegründet wurde (www.netzwerk-zukunft.de/index.php/ueber-zukuenfte.html; Zugriff: 20.01.2021). Zukünfte verweist begrifflich auf politische Gestaltbarkeit und Alternativen. orientieren. Das zu leisten, ist hier nicht beabsichtigt. Eher ausschnitthaft sind hier Themen angesprochen, die für wichtig erachtet werden. Etwa vergangene Zukünfte der Arbeit, das Verhältnis von Erwerbsarbeit und Reproduktionsarbeit, die mit der Arbeit verbundenen Verteilungsfragen. Aus diesen Impressionen ergeben sich mehr offene Fragen als Antworten. Zum Schluss wird allerdings die Behauptung aufgestellt, dass die Gestaltung der Zukunft der Arbeit ein politisches Projekt darstellt, das einen zentralen Beitrag zur Sicherung eines demokratischen Gemeinwesens leisten kann.

Eine vergangene Zukunft der Arbeit

Die Universalisierung der Industriearbeit als Modus des Arbeitens bestimmte Jahrzehnte den Erwartungshorizont der sozialistischen Arbeiterbewegung. Technik, Organisation, Produktivität und Profitabilität schienen augenscheinlich – aber natürlich nicht unbedingt empirisch – so überlegen, dass sie sich naturnotwendig gegen andere Produktionsformen durchsetzen mussten. Verbunden damit war die Erwartung, dass die diese Produktionsweise tragende arbeitende Bevölkerung die Mehrheit bilden würde. Auch dies war mehr Wunschtraum als realistische Beobachtung. Vornehmlich die Entwicklung der Arbeitsproduktivität trug dazu bei, dass sich dies anders entwickelte. Der arbeitssparende technische Fortschritt fand überwiegend im Sektor der Industrie statt, sodass nun gerade dort eine Bremse der Beschäftigung und damit des Wachstums der industriellen Lohnarbeiterschaft „naturwüchsig“ stattfinden musste. Es ist gewissermaßen dieser Erfolg des Industriekapitalismus, dass die auf die industrielle Arbeiterschaft gestützten Transformations- oder Revolutionsvorstellungen nie eine breite gesellschaftliche Mehrheit in den entwickelten Industriegesellschaften des Westens erringen konnte.