Außerschulische Bildung 3/2020

Ein Jahrzehnt des Protests

Soziale Bewegungen in der Praxis politischer Bildung

Fridays for Future, Black Lives Matter, Hygiene-Demos – verfolgt man die aufgeregte und teilweise nervöse Berichterstattung in den Medien, könnte der Eindruck entstehen, dass es sich bei den Protest-Bewegungen um ein neues Phänomen handelt. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Seit Jahrzehnten gehören sie zum politischen Alltag und sind ein wichtiges gesellschaftliches Korrektiv. Dennoch bleibt vieles über die Entstehung und die Dynamik Sozialer Bewegungen unklar – zumindest außerhalb des wissenschaftlichen Diskurses. Im Folgenden werden Einheiten eines Seminars vorgestellt, das sich diesen Themen widmete. von Simon Strohmenger

Über die Entstehungen und die Dynamiken Sozialer Bewegungen herrscht vielerorts Unklarheit. Erklärungsnot kann dabei schon bei der Frage nach dem Wesen einer Sozialen Bewegung entstehen. Nicht einfacher wird es, wenn nach den Forderungen – müssen diese sozial sein? – gefragt wird, oder nach den Erfolgsfaktoren. Daher standen diese Fragen im Fokus des Seminars „We like to Move It!? Soziale Bewegungen in Deutschland und Europa“, das vom 2. bis 6. März 2020 an der Georg-von-Vollmar-Akademie in Kochel am See durchgeführt wurde und allen Interessierten offenstand.

Soziale Bewegungen als Teil der Gesellschaft – aber was sind sie?

Die Jahre 2010 bis 2019 sind als ein Jahrzehnt des Protests in die Geschichte eingegangen. Angefangen mit dem Arabischen Frühling, der Occupy Wallstreet-Bewegung und den Platzbesetzungen der Indignados in Spanien und des Syntagma-Platzes in Athen, bis zu den Erhebungen in Algerien, dem Widerstand gegen China in Hongkong und der Gelbwesten in Frankreich. Allein dieser kurze und unvollständige Überblick zur Einrahmung des letzten Jahrzehnts zeigt, dass Soziale Bewegungen ein Teil unserer modernen Gesellschaft sind und diese auch prägen. Dies gilt natürlich nicht nur für die internationale Ebene, sondern auch für Deutschland. Lange war die Arbeiterbewegung ein herausstechendes Beispiel dafür. Spätestens seit den 1960ern sind jedoch ebenso die Studenten-, Friedens-, Frauen- und Umweltbewegung zu nennen. Gerade letztere hat durch Fridays for Future wieder einen Aufschwung erfahren, der sowohl durch die Dringlichkeit des Themas Klimawandel als auch durch die neue Art des Schülerprotests verstärkt wahrgenommen und kontrovers diskutiert wurde.