Außerschulische Bildung 2/2024

Eine Frage der Substanz

Die Rolle politischer Bildung für eine sozial-ökologische Transformation

Sozial-ökologische Transformation adressiert einen grundlegenden und notwendigen Bruch mit nicht-nachhaltigen Lebens- und Ordnungsvorstellungen. Dieser ist nicht einfach vermittelbar. Der Text arbeitet den wichtigen Beitrag heraus, den politische Bildungsarbeit leistet, um transformative Bewegungen zu ermöglichen. Darauf aufbauend wird diskutiert, wie politische Bildung die sozial-ökologische Transformation thematisieren und inwiefern sie selbst transformativ wirken kann. von Luisa Girnus

Mit der Forderung nach einer sozial-ökologischen Transformation verbindet sich ein drängender, nicht mehr tragbarer Zustand: Die planetaren Lebensbedingungen stehen auf dem Spiel. Im Gegensatz zum Wandel als schleichendem Prozess charakterisiert Transformation einen tiefgreifenden und umfassenden Bruch mit dem zuvor Bestehenden (vgl. Kollmorgen et al. 2015) und verspricht intra- und intergenerationale Gerechtigkeit. Als umfassende Antwort auf komplexe, krisenhafte Problemlagen sprengt sozial-ökologische Transformation nonchalant einige Burgfesten gegenwärtiger Vorstellungswelten, denn in ganzer Konsequenz kann sie nur global gedacht sein. Jedoch ist sie von nationalstaatlichen Systemen abhängig, deren Strukturlogiken dem Systemerhalt folgen. Da das Bewahren ökologischer Lebensräume eng mit der Verbesserung globalgesellschaftlicher Verhältnisse verwoben ist, verlangt dies eine Abkehr von nationalen und gruppenbezogenen Egoismen der Besserstellung. Dies leitet in ein fundamentales Nachdenken über Hegemonien in sozialer Ordnung und im Mensch-Natur-Verhältnis, für das jedoch nicht alle bereit sind. Werden die aktuellen Instrumente sozial-ökologischer Transformation wie die Sustainable Development Goals zwar als Gesamtgewinn kommuniziert, zeigen sich aber bereits die ihnen innewohnenden Dilemmata, z. B., dass auch Verzicht bzw. Verlust eingepreist werden muss (vgl. Kopnina 2020).

In einem auf Konsum ausgerichteten weltumspannenden Kapitalismus ist die sozial-ökologische Transformation nicht nur Lösung, sondern wird auch zum Kampffeld. Vereinfacht lässt sich das Bild eines Gefangenendilemmas heranziehen, in dem sich Kooperation aufgrund fehlender Verlässlichkeit ausschließt, aber geboten ist. So bleibt sozial-ökologische Transformation kosmetisch und entfaltet sich – trotz wissenschaftlicher Expertise, zivilgesellschaftlicher Zustimmung sowie politischer Willensbekundung – eben nicht als fundamentaler Umbruch. Obgleich sowohl Notwendigkeit als auch Dringlichkeit fortlaufend feststellt wird, bleiben drastische Maßnahmen aus. Das schadet der Verbindlichkeit. Das Blatt so lange wie möglich auszureizen, erscheint im Sinne der eigenen (kurzfristigen) Wohlstandshoffnung politisch, ökonomisch und auch im Sozialen nicht als abwegige Strategie. Sowohl auf der System- als auch auf der Gesellschaftsebene kennzeichnen die sozial-ökologische Transformation also Widerstände.

Aus Perspektive politischer Bildung sind diese Widerstände spannend, denn sie verweisen auf unterschiedliche Positionen und didaktische Zugänge politischer Bildung. Um die Rolle politischer Bildung für sozial-ökologische Transformation genauer auszuleuchten, werde ich einige dieser Widerstände adressieren und mich so der Frage nach der Rolle politischer Bildung für eine sozial-ökologische Transformation nähern.