Außerschulische Bildung 1/2022

Geschichte, Erinnerung und der Weg zur Racial Justice im „Bauch der Bestie“

Ausblick auf eine neue Ära des Erinnerns

In den letzten Jahren sind die USA in eine neue Phase der Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte der Sklaverei und des Rassismus eingetreten. Der Sturz von Konföderierten-Denkmälern, kontroverse Debatten darüber, wie über Rassismus in der Schule gesprochen werden soll, und neue Erkenntnisse über revisionistische Geschichtsschreibung haben die Rolle der Geschichte in den Vordergrund der Diskussion gerückt. In diesem Beitrag sehen wir, wie sich der Diskurs und die Praxis rund um Erinnerung und Racial Justice anhand der Geschichte einer Bildungs- und Community-Building-Organisation entwickelt haben, die versucht, sich mit der Vergangenheit im Deep South auseinanderzusetzen. von April Grayson und Vondaris Gordon

Während die USA in eine hoffnungsvolle, aber belastete neue Ära der Aufarbeitung ihrer Geschichte eintreten, kann eine Organisation in Mississippi ein Modell für einen guten, zielführenden Weg liefern. Da der Bundesstaat lange Zeit den schlechtesten Ruf aufgrund von rassistischer Gewalt und den stärksten Widerstand gegen Racial Justice hatte, haben ihn viele als den „Bauch der Bestie“ (Belly of the Beast) bezeichnet.

Die Gründung des William Winter Institute for Racial Reconciliation im Jahr 1999 läutete eine neue Ära der Geschichtsaufarbeitung im Bundesstaat Mississippi ein, die, so könnte man argumentieren, auch eine neue Ära der Geschichtsaufarbeitung in den Vereinigten Staaten insgesamt bedeutete. Die Organisation war damals eine Ausnahmeerscheinung und hat im Bundesstaat, in der Region und darüber hinaus immer wieder neue Akzente gesetzt. Seit mehr als 20 Jahren steht die Organisation auf einem soliden Fundament, hat sich aber stets dynamisch weiterentwickelt, indem sie sich an die Bedürfnisse der Partner in der Community anpasste, auf die sich verändernden Möglichkeiten in der Jugendarbeit reagierte und andere Organisationen unterstützte. Immer wieder muss das Institut politischen Druck aushalten und seine Vision von der Zukunft verteidigen.

1998 veranstaltete die University of Mississippi (UM) eine Reihe von Treffen, die in einem großen town hall event im Rahmen von One America in the 21st Century gipfelten: The President's Initiative on Race. Die Initiative „was tasked with examining race, racism, and the potential for racial reconciliation in America using a process of study, constructive dialogue, and action“ (https://clintonwhitehouse4.archives.gov/media/pdf/PIR.pdf). William F. Winter, der von 1980 bis 1984 als Gouverneur von Mississippi amtierte und eine angesehene Führungspersönlichkeit und Stimme für die Bürger*innen von Mississippi über alle Parteigrenzen hinweg war, gehörte dem Beirat an und war für die Teilnahme von UM verantwortlich. Der Prozess in Oxford war ein erstaunlicher Erfolg – so sehr, dass Gouverneur Winter die Universitätsleitung ermutigte, ein ständiges Gespräch über Race zu führen.