Außerschulische Bildung 3/2020

In eigener Sache: Die Außerschulische Bildung wird 50!

Würdigungen und Reminiszenzen

Im September 1970 erschien die Außerschulische Bildung erstmals in gedruckter Form. Sie begleitet die Arbeit des AdB, der im vergangenen Jahr sein 60-jähriges Gründungsjubiläum feierte, und die politische Bildung insgesamt also schon sehr lange. Im Folgenden kommen einige ehemalige Mitstreiter*innen, Autor*innen, Leser*innen zu Wort, schauen zurück und nach vorn.

Yeah, the times there are a-changin‘, das haben wir in den 60ern gesungen, um dann in den 70ern die großen Theoriedebatten zu eröffnen. Beim damaligen Einstieg als Praktiker in der Jugendhilfe war mir schnell klar: Für einen vernünftigen Change brauchen wir den Austausch von Theorie und Praxis – aber hallo! –, wozu es von Anfang an ein Medium gab, die AB, die zuverlässig alle Streitfragen aufs Tapet brachte, all das anpackte, woran ich mich später als Autor oder Redakteur selber versuchte, mit eigenen Zeitschriften oder als Mitarbeiter, eben auch an der AB. Oh Gott, wie viel Papier haben wir bedruckt, wie viel Sorgfalt hat die Redakteurin aufgebracht, von der es in einem alten Lied heißt: So viel Trabbel, Müh’ und Sorg’, Das schafft nur die Ingeborg! 50 Jahre später singt Bobby: Wolfman oh Wolfman oh wolfman howl, rubba dub dub its a murder most foul. Soll das das letzte Wort sein? Nein, hau rein Friedrun! Bzw.: Lass die Botschaften viral werden, whatever it takes …

Johannes Schillo, ab 1997 Redakteur der vom bap herausgegebenen Zeitschrift Praxis Politische Bildung, ab 2011 des Journals für politische Bildung (bis 2015)

September 1970: In Chile wurde der Sozialist Salvador Allende Gossens zum Präsidenten des Landes gewählt, Jimi Hendrix starb in London im Alter von 28 Jahren, Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe überfielen innerhalb von wenigen Minuten drei Banken. Und: Das erste Heft der Außerschulischen Bildung erschien. In den Charts war zu dieser Zeit das Album von Simon & Garfunkel mit dem Titel „Bridge over Troubled Water“ die Nummer Eins. Wenn das kein Motto für die Gründung einer an Aufklärung und Emanzipation orientierten Fachzeitschrift war … und ist! Genau in diesem Sinne war die Außerschulische Bildung für mich immer ein zuverlässiger Wegweiser. Daher freue ich mich auf die kommenden Hefte.

Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer, mehrfach Autor und Rezensent der AB

Wechselwirkungen zwischen Theorie und Praxis: Eine notwendige und wichtige Funktion, die die Zeitschrift seit Jahrzehnten in hervorragender Weise ausfüllt. Beide Seiten erhalten in der AB die Möglichkeit, sich zu artikulieren und vermitteln damit den Leser*innen aus den unterschiedlichsten Perspektiven regelmäßig Einblicke in aktuelle, historische aber auch kontroverse oder vergessene Themen der politischen Bildung. Information und Aufklärung stehen im Vordergrund, sie tragen nicht nur zur Professionalisierung der Praxis bei, sondern geben der Wissenschaft unverzichtbare und bereichernde Einblicke in die Praxis.

Prof. Dr. Christine Zeuner, Professorin für Erwachsenenbildung an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, ist seit ca. 15 Jahren Abonnentin der Zeitschrift und immer wieder Autorin von Fachbeiträgen in der AB.

Die Szene der außerschulischen politischen Bildung ist überschaubar. Dies zeigt die Zahl der einschlägigen Publikationen in diesem Feld, besonders im Vergleich mit solchen für Schule und formalisierte Bildungszusammenhänge. Die Zeitschrift Außerschulische Bildung schließt diese Lücke. Die Schwerpunktthemen sind brandaktuell und stellen Informationen wissenschaftlich aufbereitet zur Verfügung. Der besondere Wert liegt hier explizit in der Adressierung der Zielgruppe der außerschulischen politischen Bildner*innen. Die Auswahl der Themen geschieht mit Augenmaß: Auch Nebenschauplätze wissenschaftlicher Kerndebatten werden aufgegriffen, beispielhaft dafür sind Beiträge zur Debatte um Kooperationen der Zivilgesellschaft und staatlichen Institutionen. Passend dazu bietet der Bereich Forum Platz für bildungspolitische Aspekte und Forderungen aus dem Alltag politischer Bildner*innen. Der neue Onlineauftritt ist gewohnt gut strukturiert und die verwendete Technik modern – eine würdige Ergänzung zur gedruckten Ausgabe.

Maria Grüning (Gründungsmitglied Die Kopiloten e. V. gemeinsam.politisch.bilden.) & Philipp Meyer (Jugendbildungsreferent für Die Kopiloten e. V.)

Die Außerschulische Bildung bot immer die Möglichkeit, sich über die Aktivitäten anderer Bildungsstätten und die dort geführte Fachdiskussion zur politischen Bildung zu informieren. Ich habe sie auch als Forum für eigene Veröffentlichungen insbesondere über die Verbindung von politischer und kultureller Bildung geschätzt. Über meine mehrjährige Mitarbeit im Beirat – von dessen Gründung bis 2004 (Beendigung meiner hauptamtlichen Tätigkeit) konnte ich im Rahmen meiner Möglichkeiten Einfluss nehmen auf den Inhalt der Zeitschrift. Mein Interesse auch an kontroversen Diskussionen, die in einem politisch pluralen Verband möglich und wichtig sind, fand nicht immer Zustimmung bei den Kolleg*innen, obwohl kontroverse Standpunkte überhaupt erst den Pluralismus konstituieren. Ich habe die Diskussionen im Beirat und in den Kommissionen, in denen ich mitgearbeitet habe, trotz unterschiedlicher Meinungen immer befruchtend und solidarisch erlebt.

Jürgen Fiege, 1978 bis 2008 Jugendhof Steinkimmen. 1979 erschien seine erste Veröffentlichung in der AB, 2006 die letzte. Von 1992 bis 2003 war er – zunächst als Vertreter der Kommission für Kultur und Medien, später der Jugendbildungskommission – im Redaktionsbeirat der Fachzeitschrift.
Foto: AdB

Meine Aktivitäten im AdB begannen in den achtziger Jahren in der Innerdeutschen Arbeitsgruppe. Das war ein kleiner Kreis deutschlandpolitisch hochmotivierter und experimentierfreudiger Kollegen, die untereinander verbunden waren durch den Wunsch, die DDR immer tiefer für Westdeutsche, vor allem Jugendliche, zu erschließen. Betreuerin dieser Arbeitsgruppe war Ingeborg Pistohl, die mit Eifer die Aktivitäten mittrug. Sie bereitete verschiedene Tagungen vor, mit denen die Arbeitsgruppe hervortrat. Und sie machte mich mit ihrer Redaktionstätigkeit an der Außerschulischen Bildung bekannt.

In all den Jahren im AdB war ich nahe an der AB, denn stets gehörte ich Kommissionen an, für die Ingeborg Pistohl zuständig war. Sie bereitete die Kommissionssitzungen in den vielen verschiedenen Bildungshäusern akribisch vor und sorgte dafür, dass wir jeweils kompetente und kommunikative Gesprächspartner hatten, außerdem ortstypische Hospitationen und Besichtigungen machten. Ingeborg Pistohl nutzte alle diese Begegnungen, um Autoren für die AB zu finden. Sie war jeweils mit ganzer Seele bei ihren Kommissionsmitgliedern, aber selbst am Rande dieser Sitzungen und noch spät abends verfolgte sie ihre Redaktionsaufgaben. Man konnte auch sagen, diese verfolgten sie.

Vier Hefte im Jahr, abzustimmen mit Beiträgern, dem Vorstand, der Mitgliederversammlung, dem Redaktionsbeirat, das hat ihr wohl buchstäblich oft den Atem genommen. War sie somit immer unter Druck, so musste sie auch die Beiträger drängen, die Termine für den Redaktionsschluss einzuhalten und schließlich auch den Drucker antreiben. Oft war es knapp mit dem Erscheinen des 4. Hefts der AB am Jahresende. Es blieb ihr dann gegebenenfalls nicht erspart, am letzten Tag des Jahres selbst nach Düsseldorf zur Druckerei zu fahren, um ein erstes Exemplar in die Hand zu bekommen, damit fristgerecht vor Abschluss des Jahreshaushalts die Zahlung angewiesen werden konnte. An all dem ließ sie uns teilhaben. Denn sie war bei ihrer Arbeit nach außen offen und sprach gerne über ihre Arbeit.

Der Vorstand, dem ich von 1997 bis zum Ausscheiden der Ost-Akademie 2003 angehörte, betrieb in dieser Zeit eine Reform der Geschäftsstelle und der Aufgabenabwicklung. Dabei ging es um Flexibilisierung der Aktivitäten und kein Bereich blieb unberührt. Am wenigsten betroffen war die AB. Sie stand dank Ingeborg Pistohl stabil da.

Wenn ich die AB jetzt, fast zwanzig Jahre später, in die Hand nehme, stelle ich fest: Sie ist heute wie damals ein solides und in sich festes Produkt des AdB, offen für die aktuellen Entwicklungen und dabei die Grundlagen der Bildungsarbeit sichernd. Und ich denke an Ingeborg Pistohl, die selbst kaum in der Zeitschrift sichtbar wurde, aber ihr Gesicht, ihre Qualität und Ausstrahlung nachhaltig geprägt hat.

Bernhard Schalhorn, Dr. phil., Osteuropahistoriker. Direktor der Ost-Akademie in Lüneburg. Beim AdB seit 1981 ff. Innerdeutsche Arbeitsgruppe, Kommission Erwachsenenbildung, 1986 – 2004 Mitglied, 1997 Vorstandsmitglied, 1997 – 2003 Stellvertreter des Vorsitzenden.
Foto: AdB

Die AB hatte ich wohl 1972 zum ersten Mal während eines 14-tägigen Seminars zu Methoden politischer Bildung im Studienhaus Wiesneck (Nähe Freiburg) in der Hand, das von Gerald Syring und Konrad Maier für Studierende der Ev. Fachhochschule Freiburg durchgeführt wurde. Mehrtätige Planspiele, gruppendynamische Übungen, Rollenspiele, aktionsorientierte Formen, der Einsatz von Video mit äußerst unhandlichen Geräten, Moderation von Diskussionen, Befragung von Expert*innen wurden von exzessiven Reflexionen über den Stellenwert von Methoden in der politischen Bildung und hartnäckigen Debatten über emanzipatorische, partnerschaftliche oder anti-kapitalistische Ansätze flankiert. Seit diesem Zeitpunkt bin ich in meinen unterschiedlichen Funktionen in der politischen Bildung treuer Leser der AB, gelegentlich habe ich einige Beträge geschrieben, in letzter Zeit vermehrt Rezensionen. Die AB war immer ein Ort für aktuelle Debatten um gesellschaftstheoretische Grundlagen, unterschiedliche Ansätze und den Austausch über innovative Arbeitsformen, zur Professionalisierung und Profilierung des Arbeitsfeldes, aber auch zur Positionierung der Profession. Sie hat die ups and downs der politischen Bildung in den vergangenen Jahrzehnten begleitet, manchmal hat sie Entwicklungen angestoßen und vor allem ist eine wichtige Plattform für Kommunikation und Austausch in der Zunft. Möge sie noch ein langes Leben haben.

Klaus Waldmann, lebt in Berlin und war Praktikant, Jugendbildungsreferent, Wiss. Mitarbeiter, Bundestutor der Ev. Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (in dieser Reihenfolge). Er ist zurzeit verantwortlicher Redakteur des JOURNALs für politische Bildung und gelegentlich Coach für neue Akteure der politischen Bildung.

Als in der Wissenschaft Tätige Leserin verfolge ich die Arbeit der Außerschulischen Bildung nun seit ca. 15 Jahren. Die Vielfalt der aufgegriffenen Themen und Problemgegenstände waren für meine Forschungsarbeiten immer wieder inspirierend etwa wie zuletzt die Ausgabe zum Thema „Solidarität – Gelebte Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Ich gratuliere der Zeitschrift und deren Mitstreiter*innen herzlich zu ihrem vielfältigen und kontinuierlichen Beitrag zur Theorie und Praxis politischer Bildungsarbeit. Ich freue mich auf die kommenden Impulse.

Jana Trumann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen im Fachgebiet Erwachsenenbildung/Politische Bildung. Sie arbeitet u. a. zu den Themen Lernen und Lernorte Erwachsener sowie politischer Partizipation und Bildung Erwachsener insbesondere in informellen Kontexten.

Anfang der 1990er Jahre, als ich zum pädagogischen Team des Bildungswerks der Humanistischen Union stieß, gehörte die Außerschulische Bildung, wie weitere für die Erwachsenen- und politische Bildung wichtige Zeitschriften, zur intellektuellen Ausstattung des Büros. Obwohl damals noch in eher trister Aufmachung, fiel mir auf, inwiefern die AB in mancherlei Hinsicht mehr zu bieten hatte (und hat) als andere Fachblätter. Aus Anlass ihres 50. grub ich im Bildungswerksarchiv und sah mir deren Schwerpunkte von 1993 bis zum Ende meiner Festanstellung im Jahr 2008 an. Es wurde eine Wiederbegegnung mit seinerzeit öffentlich intensiv erörterten, in der Zeitschrift nicht nur einmal repräsentierten Themen wie „Europa“, „Zuwanderung“, „Rechtspopulismus/-extremismus“, „Erwerbstätigkeit und Beschäftigungsverhältnisse“. Auch Jahrestagen (17. Juni 1953; 1945; 1968) und Weltgegenden (Afrika; Israel; Türkei) waren Hefte gewidmet; naturgemäß galt ihr Hauptaugenmerk stets Entwicklungen in den Bildungsbereichen jenseits der Schule. Abgesehen von Rubriken, Verbandsinterna, Personalien, Markt-Informationen u. a., animierten die Buchbesprechungen, Hefte von hinten nach vorn zu studieren. Die interessierte Bildnerin fand also viermal im Jahr ein anregendes Leseangebot vor. Zwar gehörte die AB erst in der zweiten Hälfte ihres Bestehens in mein Repertoire, aber ich lernte sie schätzen als eine fraktionsübergreifende, d. h. politisch wie pädagogisch offene „Berufsbegleiterin“ – keine Selbstverständlichkeit angesichts manchmal heftiger Richtungsdebatten in der politischen Bildung.

In den zurückliegenden Jahren hatte ich hin und wieder Gelegenheit, über Praxiserfahrungen zu schreiben, konnte didaktische Zugänge und Neuerscheinungen vorstellen. Die AB arbeitet zwar wissenschaftsorientiert, scheint sich aber vom Aufwand und den Zwängen des peer-review-Verfahrens fernzuhalten. Somit ist sie beweglicher, lässt sich allein von ihrer Feldkenntnis und den Aktivitäten des AdB leiten. Mit anderen Worten, nun aus der Sicht einer betagten Abonnentin: Die AB bildet die außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung nicht bloß ab, sie trägt zur Reflexion und Verstärkung von Trends bei, und sie setzt solche auch selbst, vor allem in der Jugendbildung. Konkurrenzlos wird insbesondere ihre Brückenfunktion zwischen Bildungswirklichkeit und Theoriediskussionen bleiben. Schließlich: Die AB kennt weder Flüchtigkeits- noch Druckfehler. Wo gibt es das sonst? Herzlichen Glückwunsch!

Heidi Behrens (Essen)