Außerschulische Bildung 3/2023

Internationale Jugendbegegnungen in Zeiten von Krieg und Krisen

Ein jugendorientierter Beitrag zur Friedenssicherung in Europa

Nichts wünschen sich die Menschen sehnlicher als ein friedliches Miteinander. Momentan herrscht jedoch mitten in Europa Krieg und stellt die Verteidigung der gemeinsamen demokratischen Werte auf den Prüfstand. Der nachfolgende Beitrag untersucht, inwiefern die internationale Jugendarbeit ihrer per se friedenstiftenden Rolle in angespannten Zeiten gerecht werden kann und welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. Dabei geht die Autorin auf die Möglichkeiten aktiver Friedensarbeit für die Ukraine und mit Russland ein und stellt grundlegende Elemente zur Vermittlung von Friedenskompetenz und der Befähigung zum konkreten Friedenshandeln im Rahmen von internationalen Jugendbegegnungen dar. von Eva Feldmann-Wojtachnia

Die Welt wird von Krieg und Krisen erschüttert. Junge Menschen erleben eine prekäre Welt- und Sozialordnung, sie sehen das friedliche Miteinander und eine klimagerechte Umwelt bedroht. 86 % sorgen sich um die eigene Zukunft, 68 % macht der russische Angriffskrieg auf die Ukraine Angst, sie fürchten eine Ausweitung auf Europa. 55 % sind angesichts des Klimawandels besorgt (vgl. Schnetzer/Hurrelmann 2022, S. 10). Aktuelle Befunde der Jugendforschung bestätigen die derzeitige Verunsicherung und Krisenerfahrungen, wobei die Folgen der Covid-19-Pandemie die erlebten Ohnmachtsgefühle Jugendlicher zusätzlich verstärken (vgl. z. B. Hafeneger 2023, S. 41 f.; zum „Krieg in Jugendstudien“, S. 42 f.). Dies geht Hand in Hand mit Meinungsumfragen zu den Erwartungen junger Menschen in Europa an die politischen Akteure der EU. Am häufigsten fordern sie die Bewahrung des Friedens, die Stärkung der internationalen Sicherheit und Förderung der internationalen Zusammenarbeit (37 %), den Kampf gegen Armut sowie wirtschaftliche wie gesellschaftliche Ungleichheiten (32 %) und das Verfolgen einer umweltfreundlichen Politik und Bekämpfung des Klimawandels (31 %) (vgl. Europäische Union 2022, S. 17). Gemeinschaft und Solidarität in Europa haben einen neuen Stellenwert für Jugendliche erlangt, die europäischen Werte stehen für sie jedoch ernster denn je auf dem Prüfstand. Junge Menschen sind von der multiplen Krisenlage emotional stark betroffen. Um die dramatischen Entwicklungen zu verarbeiten, brauchen sie Orte und Angebote, um sich für ein friedliches Miteinander einsetzen zu können. Flucht und Krieg werden in Europa immer unmittelbarer erfahrbar und fordern die Jugendarbeit enorm heraus. Diese Umstände verlangen nach neuen Konzepten und adäquaten Ansätzen. Der Friedenspädagogik kommt dabei eine zentrale Rolle zu.

Trotz Trauer, Wut und Hilflosigkeit angesichts der aktuellen Situation zeigen Jugendliche gleichzeitig eine hohe Bereitschaft für persönliches Engagement. So sprechen sich 40 % in Deutschland sogar für eine „Dienstpflicht“ aus, bei der alle Bürger*innen verpflichtend einen Militärdienst oder eine alternative gemeinnützige Tätigkeit leisten müssten (vgl. TUI Stiftung 2022, S. 21). In einer aktuellen Jugendstudie geben 80 % der Befragten an, dass es für sie sehr oder eher wichtig ist, Verantwortung zu übernehmen, die Mehrheit der Jugendlichen (69 %) will einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten (vgl. Trialogue Salzburg/Liz Mohn Center 2022, S. 3; 5). Dieses Ergebnis korrespondiert mit Umfragen zur Wirkung von internationalen Austauschprojekten. Die Evaluierung des EU-Jugendprogramms Erasmus+ zeigt, dass gerade das Thema Solidarität für junge Menschen in Europa von großer Bedeutung ist. Für 64 % der Jugendlichen gewinnt es nach der Projektteilnahme an erster Stelle an Wichtigkeit. Aber auch Freiheit (61 %), Menschenrechte (59 %), Frieden (58 %), Demokratie (52 %) und Gewaltfreiheit (51 %) werden den Teilnehmenden nach einem internationalen Austausch wichtiger (vgl. Datenbasis RAY/Unter der Lupe, Datenreport 2017/2020, S. 28; zitiert bei Feldmann-Wojtachnia/Tham 2021, S. 193).

Friedensarbeit – Ziel von internationalem Jugendaustausch