Außerschulische Bildung 4/2020

Mehr politische Bildung und aktive Verantwortung der Bürger*innen in der repräsentativen Demokratie

Warum für eine zukunftsfähige Transformation politische Verantwortung und Einmischung gelernt werden müssen

Wir befinden uns in einer Zeit des Wandels und die derzeitigen politischen Entscheidungen werden das Leben der zukünftigen Generationen so tiefgehend verändern, wie es bisher noch nie in der Geschichte der Menschheit der Fall war. Je mehr Menschen sich verantwortungsvoll für unsere Demokratie einsetzen, umso zukunftsfähiger wird unsere Gesellschaft sein. Politische Bildung muss deswegen die Notwendigkeit von und die Befähigung zur Einmischung in die Breite der Bevölkerung vermitteln. In der repräsentativen Demokratie sollte es Ziel sein, möglichst viele Menschen für ein Wahlamt zu motivieren und die aktive Einmischung in die Politik zu fördern.  von Iris Witt

Meine tiefe Überzeugung ist, dass politische Bildung Menschen befähigen und darin stärken kann, sich als politische Menschen für das Gemeinwohl verantwortlich zu fühlen und sich für ein friedliches, gerechtes und zukunftsfähiges Zusammenleben einzusetzen. Ich nutze daher jede Gelegenheit, eine Stärkung der politischen Bildung einzufordern. In Deutschland genießt politische Bildung eine besondere Stellung: Unsere gemeinwohlorientierte Bildungslandschaft der politischen Bildung ist vielfältig und weltweit einzigartig. Deutschland steht in besonderer Verantwortung, nie wieder Faschismus und staatlich tolerierte, verordnete Menschenfeindlichkeit zuzulassen. In der Schule hat politische Bildung Verfassungsrang. Zudem können wir nach Beendigung der Schule auf eine Vielzahl von Angeboten mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung zurückgreifen (vgl. Hufer 2015).

Soweit der Anspruch. In der Praxis müssen wir aber beobachten, dass politische Bildung in der Schule und den außerschulischen Bildungsangeboten nicht die finanzielle und ideelle Unterstützung genießt, die ihr zustehen müsste. Aktuell werden z. B. in Nordrhein-Westfalen mehr Ressourcen in die Neueinführung eines Schulfachs Wirtschaft gesetzt, anstatt die politische Bildung an der Schule zu stärken. Bei aller Vielfalt der Angebote erreichen wir noch lange nicht die repräsentative Vielfalt der Menschen in unserer Gesellschaft. Vor allem einkommensschwache, bildungsferne Bürger*innen werden zu selten von unseren Bildungsangeboten erreicht. Gleichzeitig sind diese Bevölkerungsschichten auch nicht repräsentativ im Parlament vertreten und machen seltener von ihrem Wahlrecht Gebrauch.

Ich werde darlegen, warum wir als repräsentative Demokratie, gerade auch angesichts der aktuellen Herausforderungen, auf eine politisch gebildete Mehrheit bauen sollten. Für eine sich ständig verändernde Gesellschaft benötigen wir die begründete Urteilskraft, kritische Begleitung und konkrete Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung. Wir müssen unser Menschenbild überdenken und mehr Menschen befähigen, sich in Parlamenten und politischen Gremien zu engagieren.