Außerschulische Bildung 2/2022

Narrative Gesprächsgruppen

Eine Methode der intensivpädagogischen politischen Jugendbildung

In diesem Beitrag wird die Methode der Narrativen Gesprächsgruppen (NGG) vorgestellt. Hauptziel dieser Methode ist die Ermöglichung eines respektvollen und engagierten Gesprächs, in dem sich die jugendlichen Gesprächspartner*innen gegenseitig zuhören und in maximal möglicher Unvoreingenommenheit aufmerksam aufeinander reagieren. Wie dies gelingen kann, wird an einem aktuellen Beispiel sichtbar gemacht. von Harald Weilnböck

Das Verfahren der Narrativen Gesprächsgruppen (NGG) stellt eine neue pädagogische Methode der intensivierten politischen Jugendbildung dar, die es vermag, unterschiedlichste Gruppen von jungen Menschen gleichermaßen zu erreichen und – über alle sozioökonomischen, kulturellen und weltanschaulichen Differenzen hinweg – miteinander in Austausch und in Engagement zu bringen. Dieser Austausch wird in einem – zumeist schulischen – Rahmen angeregt, der nicht nur generell die Kompetenzen im Bereich der sozialen Fähigkeiten und emotionalen Intelligenz sowie die Sprachbildung und Artikulationsfähigkeit fördert. Vielmehr trägt die Gruppenarbeit der NGG dazu bei, dass die teilnehmenden Jugendlichen letztlich auch die gesellschaftlichen und politischen Aspekte ihres Lebensraums und des allgemeinen sozialen Miteinanders in freiheitlichen und menschenrechtlichen Demokratien persönlich vertieft wahrnehmen und gemeinsam reflektieren. Hierbei werden Jugendliche vor allem auch in solchen Phasen ihrer Entwicklung erreicht und in ihren Impulsen des persönlichen Engagements mit einbezogen, in denen sie besondere individuelle Herausforderungen zu bewältigen haben, was sich unter Umständen auch darin niederschlagen kann, dass sie eine Anziehung zu demokratie- und menschenfeindlichen Milieus und Organisationen oder zu Verschwörungserzählungen verspüren. Somit kann mittels NGG auch ein unmittelbarer Beitrag zur gesellschaftlichen Integration und dialogischen Befriedung geleistet werden. In der bisherigen Anwendung ist hierbei ein Schwerpunkt auf jungen Menschen aus ländlichen und kleinstädtischen Regionen gewählt worden.

Das Setting

In der praktischen Durchführung arbeiten die NGG, die im Verlauf von ein bis zwei Schul-Halbjahren in einer Einzelstunde pro Woche während der Regelunterrichtszeit erfolgen, mit bestehenden Schulklassen. Aus jeder Klasse werden eingangs in spontaner Weise zwei Gruppen gebildet. Die Schulen stellen hierfür in jeweils unterschiedlicher Weise Zeit aus Klassenleiter*innen-Stunden oder den gesellschaftlich-künstlerischen Fachlehrplänen zur Verfügung. Jede Gruppe aus 8–13 Schüler*innen wird in einem eigenen Raum von zwei Gruppenleiter*innen im Gespräch begleitet. Die Gruppen sind möglichst gemischtgeschlechtlich und soziokulturell unterschiedlich zusammengesetzt (z. B. bezüglich Migrationshintergrund), sodass auch vorübergehende Gruppenteilungen in Kleingruppen von 3–6 Schüler*innen umso wirksamer genutzt werden können, die anlassbezogen z. B. entlang der Unterscheidung von Geschlecht, anderer sozialer Kriterien oder von sich spontan ergebenden gruppendynamischen Spannungslinien gebildet werden. Als zusätzliche Settingvariable wird ein Auszeit-Bereich mit einer fünften Kolleg*in bereitgestellt, in dem einzelne Schüler*innen sich bei Bedarf zeitweise zurückziehen oder in den sie vorübergehend eingeladen oder geschickt werden können, wenn die sorgsame Rahmung des Gruppengesprächs dies erfordert.