Außerschulische Bildung 3/2023

Bericht des Bundesinnenministeriums zu Muslimfeindlichkeit und zur Lage muslimischer Jugendverbände in Deutschland

Der vom Bundesinnenministerium eingesetzte Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) legte nach rund dreijähriger Tätigkeit am 29. Juni 2023 seinen Abschlussbericht „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz“ vor und übergab ihn dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Der Expertenkreis untersucht die Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit in Deutschland und spricht in diesem Zuge auch Handlungsempfehlungen für die Jugendverbandslandschaft aus.

Der vom UEM veröffentlichte Bericht zeigt auf eindrückliche Weise, wie tief Muslimfeindlichkeit auf struktureller, institutioneller und individueller Ebene in Deutschland verwurzelt ist: Muslimfeindlichkeit ist kein Problem des „rechten Randes“. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und ein Einfallstor für Rechtsextremismus. Der UEM definiert Muslimfeindlichkeit als „die Zuschreibung pauschaler, weitestgehend unveränderbarer, rückständiger und bedrohlicher Eigenschaften gegenüber Musliminnen und Muslimen und als muslimisch wahrgenommenen Menschen. Dadurch wird bewusst oder unbewusst eine ‚Fremdheit‘ oder sogar Feindlichkeit konstruiert. Dies führt zu vielschichtigen gesellschaftlichen Ausgrenzungs- und Diskriminierungsprozessen, die sich diskursiv, individuell, institutionell oder strukturell vollziehen und bis hin zu Gewaltanwendung reichen können.“ Der Bericht zeigt ein gesellschaftliches Lagebild zur Muslimfeindlichkeit auf der Grundlage von wissenschaftlichen Studien, der polizeilichen Kriminalstatistik und der Dokumentation von muslimfeindlichen Fällen durch Antidiskriminierungsstellen, Beratungsstellen und NGOs.

Die Expert*innen kritisieren zudem die unterschiedlichen Hürden, die Muslim*innen eine gleichberechtigte Teilhabe in kulturellen und sozialen Bereichen verwehren – auch in der Jugendverbandsarbeit. Sie attestieren dem Jugendverbandssystem ein „Repräsentationsdefizit“ muslimischer junger Menschen, denen auf diese Weise Zugänge und Teilhabemöglichkeiten verschlossen bleibe. Der UEM empfiehlt daher sehr deutlich die Aufnahme muslimischer Jugendverbandsarbeit in das etablierte Jugendverbandssystem.

Die Arbeit des UEM wurde aus Mitteln der Deutschen Islam Konferenz finanziert, die sich bereits seit 2012 mit dem Phänomen befasst. Der UEM erhielt den Auftrag, aktuelle und sich wandelnde Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit in Deutschland zu analysieren und als Ergebnis einen Bericht vorzulegen sowie Empfehlungen für den Kampf gegen antimuslimischen Hass und Ausgrenzung zu erarbeiten. Der UEM war in seiner Arbeit, der inhaltlichen Schwerpunktsetzung sowie hinsichtlich seines Abschlussberichts unabhängig. Die weitere Befassung mit dem Abschlussbericht des UEM soll im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz vorgenommen werden. Hierzu ist auch eine Fachkonferenz im Herbst 2023 geplant.