Außerschulische Bildung 2/2023

MEMO-Jugendstudie: Wie junge Erwachsene an Geschichte erinnern

Im Februar 2023 wurde die MEMO-Jugendstudie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld veröffentlicht. Die Studie wurde von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) gefördert. Deutlich wurde: Der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg sind für Jugendliche und junge Erwachsene zentrale Referenzpunkte in der Erinnerungskultur Deutschlands.

Im Folgenden einige der Ergebnisse: 63 % der jungen Erwachsenen, aber nur 53 % im Durchschnitt aller Altersgruppen geben an, sich intensiv mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt zu haben. Entscheidend für die Auseinandersetzung sind der eigene Bildungshintergrund und der der Eltern, weniger andere Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Herkunftsgeschichte der Familie. Rund drei Viertel der 16- bis 25-Jährigen stellen den Sinn der Auseinandersetzung mit diesem Teil der deutschen Geschichte nicht in Frage. Die Auswertungen der MEMO-Jugendstudie zeigen zugleich Lücken im Faktenwissen zum Nationalsozialismus auf und liefern neue Ansätze für Bildungsarbeit.

Die jungen Erwachsenen wurden gefragt, welche Anliegen ihnen in Bezug auf selbstbestimmtes Lernen über den NS-Kontext besonders wichtig sind. Den meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist wichtig, dass sie neues Faktenwissen lernen (75 %), dass sie historische Orte besuchen können (51 %) und dass in den Bildungsangeboten Bezüge zwischen Vergangenheit und Gegenwart hergestellt werden (48 %). Der Wunsch nach „Unterhaltung“ spielt lediglich eine untergeordnete Rolle. Das dringlichste inhaltliche Interesse berichten die Befragten in Bezug auf die gesellschaftlichen Umstände der NS-Verbrechen und die Rolle und Verantwortung der vermeintlich unbeteiligten deutschen Bevölkerung (35 %).

Defizite zeigen sich im Rahmen der Studie unter anderem in Bezug auf das vorhandene historische Faktenwissen. Während über die Hälfte der 16- bis 25-Jährigen mindestens drei Opfergruppen des Nationalsozialismus kennt, kann jede/r fünfte Befragte nur eine oder gar keine Opfergruppe benennen. Einzelne Opfergruppen sind dabei besonders wenig bekannt (Kranke, Menschen mit Behinderungen, Sinti*ze und/oder Rom*nja).

Für die Jugendstudie wurden 3.485 repräsentativ ausgewählte junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren im September/Oktober 2021 sowie 838 Teilnehmer*innen erneut im September 2022 online befragt. Die MEMO-Jugendstudie ist die umfangreichste Studie ihrer Art und erweitert die bisherigen fünf MEMO-Erhebungen (2018–2022) systematisch um die Gruppe der jungen Erwachsenen: die zukünftigen Träger*innen von Erinnerungskultur.