Außerschulische Bildung 4/2021

Personalien

In Zeiten abnehmender Texte – Zum Ausscheiden des langjährigen Herausgebers der Außerschulischen Bildung Paul Ciupke
Eine Zeitschrift für die politische Bildung herauszugeben gehört vielleicht nicht zu den aufregendsten Tätigkeiten in dieser Republik, aber sicher nicht zu den sinnlosen. Ganz im Gegenteil gilt auch hier das Motto aus der Beton-Werbung: „Es kommt immer darauf an, was man daraus macht.“
Und das gilt in diesem Fall für den langjährigen Herausgeber der Außerschulischen Bildung (AB), Dr. Paul Ciupke. In den 16! Jahren seiner Amtszeit hat er aus der AB etwas gemacht. Paul Ciupke übernahm im Jahr 2004 die Herausgeberschaft als erstes Nicht-Vorstandsmitglied des AdB, denn bis dato war diese Position „Chefsache“ im Verband.
Die AB hatte es nie einfach: Sie fungierte einerseits als Verbandsorgan bzw. Mitgliederzeitschrift des AdB, auf der anderen Seite als Fachzeitschrift für die Praktiker*innen der politischen Bildungsarbeit und drittens als Fachblatt für die Wissenschaft, vornehmlich im Bereich Pädagogik und Politikwissenschaften. Die große Zahl der Abonnent*innen im eher überschaubaren Feld der politischen Bildung ist gleichzeitig auch eine Verpflichtung, deren Erwartungen und Interessen gerecht zu werden.
In der Konsequenz bedurfte es einer Person als Herausgeber, der genau diese unterschiedlichen Perspektiven in sich vereint und weiterentwickeln kann. Paul Ciupke war als Herausgeber die Idealbesetzung. Als Mitglied im AdB (er vertrat das Bildungswerk der Humanistischen Union in Essen) verfügte er über tiefgehende Einblicke in den Verband und die Arbeit der Mitgliedseinrichtungen. Als Praktiker der politischen Bildung leitete Paul Ciupke für das Bildungswerk der Humanistischen Union jedes Jahr eine Vielzahl von Veranstaltungen, vor allem Studienreisen und Tagungen füllten den Kalender; zu erwähnen ist hier vor allem das einmal jährlich stattfindende Seminar in Klappholtal auf Sylt! Die Verbindung zur Wissenschaft und die Teilnahme an den Diskursen, vor allem zur Erwachsenenbildung, stellte Paul mit seinen zahlreichen Beiträgen (nicht nur in der AB) und Buchveröffentlichungen her. Darüber hinaus vertrat er den AdB im Verwaltungsrat des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE).
Das alles floss in seine Herausgeberschaft mit ein, die sich im Wesentlichen auf die konstruktive Zusammenarbeit mit den „Chefredakteurinnen“ Ingeborg Pistohl (bis 2013) und Friedrun Erben beim AdB und die Leitung der Sitzungen des Redaktionsbeirats konzentrierte. Hier traten die drei genannten Dimensionen wieder offen hervor, denn es ging darum, aus Ideen, Stimmungen, Ereignissen und Aktuellem Themen für die vier Hefte pro Jahr zu entwickeln, die über den Tag hinaus aktuell blieben. Dass dafür ein gewisses Gespür notwendig ist, wird jedem Leser und jeder Leserin bei der Lektüre der AB deutlich.
In 38 Sitzungen entwickelte der Redaktionsbeirat unter Pauls Leitung 72 Themen für ebenso viele Hefte, dachte über notwendige Textbeiträge nach und sinnierte über die dazugehörigen Autor*innen. Pauls langjähriges Wirken war nicht nur sein persönlicher Beitrag zur Kontinuität in der AB, sondern auch sein Interesse, die Aktivitäten der politischen Erwachsenenbildung nicht zu kurz kommen zu lassen (vor allem nicht in zu kurzen Texten) und vor allem die entsprechenden historischen Bezüge dabei herzustellen.
Anlässlich des 50jährigen Bestehens des AdB im Jahr 2009 übernahm Paul die Mammutaufgabe, aus z. T. unsortiertem Aktenmaterial in Form von Briefen, Stellungnahmen, Publikationen etc. die Geschichte des AdB aufzuschreiben. Zusammen mit weiteren Beiträgen ist eine beachtliche Chronik entstanden, die das Wirken des AdB zeitgeschichtlich einordnet und sein Wirken im Feld der politischen Bildung deutlich macht.
Immer wieder nutzte Paul in seinen Beiträgen in der AB die Gelegenheit, seine Anforderungen an die Praxis der außerschulischen politischen Bildung zu formulieren. So z. B. auch in einer Rezension über drei Bände, die sich mit der Geschichte Ostdeutschlands befassen (erschienen in der AB 2/2020). Er konstatierte am Ende seines Beitrags, dass die Beschäftigung mit der „eigentlichen DDR-Geschichte in der außerschulischen politischen Bildung der letzten Zeit erheblich an Bedeutung und Umfang verloren“ habe. Das sitzt! Denn Paul ist ein versierter Kenner der Branche und seine Einschätzungen – oder sagen wir besser „Befunde“ – waren fundiert und nachweisbar.
Zum Werdegang der AB, die 1970 zum ersten Mal erschien, resümierte Paul kurz und knapp: „Die ‚ab‘ gehört auf die Seite der wirklichen Erfolge des AdB.“ Dass das nicht nur bis 2009 so war, sondern noch heute gilt, ist zweifellos der Verdienst des langjährigen Herausgebers, Vordenkers und Autors Dr. Paul Ciupke!
Danke dafür sagen Vorstand, Redaktion, Mitglieder des AdB und die Leserinnen und Leser der AB!
Boris Brokmeier

In eigener Sache – Veränderungen im Redaktionsbeirat: Der langjährige Herausgeber der Fachzeitschrift „Außerschulische Bildung“, Dr. Paul Ciupke, ehem. Bildungswerk der Humanistischen Union (siehe vorstehender Text), und das Mitglied des Redaktionsbeirats, Dr. Michael Schröder, ehem. Akademie für politische Bildung, haben den Redaktionsbeirat verlassen. Wir danken beiden herzlich für ihr Engagement!

Veränderungen in der AdB-Geschäftsstelle: Seit August hat Lydia Birkeneder die administrative Abwicklung des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona“ in der AdB-Geschäftsstelle übernommen. Ende 2021 wird Sabine Mertin, langjährige Personal- und Finanzreferentin, in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Bereits am 1. September 2021 hat Stefanie Renatus ihre Arbeit als Personal- und Finanzreferentin in der AdB-Geschäftsstelle aufgenommen. Sie wird nach und nach den Aufgabenbereich übernehmen.

Die Franken-Akademie Schloß Schney e. V. hat seit dem 15. September 2021 mit Andreas Berk einen neuen Geschäftsführer. Er löste Dr. Martin Michael Lang ab, der seit dem 1. März 2019 als Geschäftsführer tätig war.

Im Rahmen der 94. Vollversammlung des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR) haben die Delegierten am 11. September 2021 in Magdeburg einen neuen Vorstand gewählt. Neue Vorsitzende sind Daniela Broda, jugendpolitische Referentin der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) und Wendelin Haag, Bundesleiter der Naturfreundejugend Deutschlands (NFJD). Beide waren bisher stellvertretende Vorsitzende im DBJR. Neue stellvertretende Vorsitzende sind Özge Erdoğan, Bundesvorsitzende vom Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland (BDAJ), Loreen Schreck, Bundesvorsitzende von Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken sowie Lea Herzig, ehrenamtliches Mitglied des Bundesjugendausschusses der Jugend im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB-Jugend). Außerdem als stellvertretende Vorsitzende gewählt wurden Daniela Hottenbacher, Bundesvorsitzende beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und Raoul Taschinski, Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV). Marius Schlageter, der sich im Ring deutscher Pfadfinder*innenverbände (rdp) engagiert, wurde in seinem Amt als stellvertretender Vorsitzender bestätigt.

Der Bundesausschuss für politische Bildung (bap) hat in seiner Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand gewählt. Der Vorstand setzt sich seit dem 22. September 2021 folgendermaßen zusammen: Erster Vorsitzender ist Wilfried Klein, Geschäftsführender Vorstand und Leiter des Gustav-Stresemann-Instituts, der Europäischen Tagungs- und Bildungsstätte Bonn. Zweite Vorsitzende ist Natali Rezwanian-Amiri, Geschäftsführerin bei der Gesellschaft der Europäischen Akademien e. V. Beisitzer*innen sind Ute Rawert, Geschäftsführerin des v.f.h. Verein zur Förderung politischen Handelns e. V., Julia Riedel, Referentin für politische Bildung und U18 bei Deutscher Bundesjugendring (DBJR), Andreas Michelbrink, Geschäftsführer bei ver.di.

Seit dem 1. Oktober 2021 ist Prof. Dr. Sabine Walper neue Direktorin und Vorstandsvorsitzende am Deutschen Jugendinstitut. Die Psychologin und Professorin für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung ist seit fast zehn Jahren als Forschungsdirektorin am DJI tätig. Sie folgt auf Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, der sich nach fast 20 Jahren als Leiter des DJI in den Ruhestand verabschiedet.

Die bisherige Leiterin des Fachbereichs Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Dr. Sabine Dengel, hat die bpb Ende September verlassen. Seit dem 1. Oktober 2021 ist sie neue Dezernentin für Bildung, Kultur und Jugend in Saarbrücken. Die Nachfolge wurde noch nicht benannt.

Zum Jahresende verlässt der bisherige Geschäftsführer, Dr. Karl Weber, den AKSB – Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e. V. Er wurde zum 1. Januar 2022 als Diözesancaritasdirektor und Vorstandsmitglied des Diözesancaritasverbandes im Bistum Limburg berufen. Die Stelle der Geschäftsführung wurde neu ausgeschrieben.

Anna Albers, über 20 Jahre Mitarbeiterin im Europahaus Aurich – Deutsch-Niederländische Heimvolkshochschule e. V. ist im September 2021 verstorben. Sie war Mitglied im AdB-Vorstand und viele Jahre Vorsitzende der AdB-Fachkommission Verwaltung und Finanzen.

Zum Andenken an Hermann Giesecke – Als ich ihn vor etwa 10 Jahren in Bovenden bei Göttingen besuchte, äußerte Hermann Giesecke sich etwas melancholisch über den Zustand der Wissenschaft von der politischen Bildung, aber auch zum Schreiben über politische Bildung. Er bevorzuge den essayistischen Stil, den aber wolle keiner mehr. Auch Giesecke litt unter den thematischen und methodischen Verengungen in den Erziehungs- und Politikwissenschaften seit Mitte der 1990er Jahre. Ideologe war Giesecke nie, vielmehr ein linksliberaler Pragmatiker und kritischer Beobachter, dessen Lebenslauf und Berufsbiographie, über die er auch ausführlich Auskunft in einer Autobiographie („Mein Leben ist lernen“) gegeben hat, geradezu paradigmatisch für seine Generation und die Alterskohorte der akademischen Gründung einer modernen politischen Bildung ist.
1932 in eine bildungsaufgeschlossene Arbeiterfamilie hinein geboren und in der grauen Ruhrgebietsstadt Duisburg-Hamborn aufgewachsen, studierte er in den 1950er Jahren in Münster auf Lehramt. Entscheidend wurde aber seine Mitarbeit im Studienkreis politische Bildung, der im Jugendhof Vlotho zunächst angesiedelt war und mit teilweiser Unterstützung von Landeszentralen Seminare für Oberschüler, vor allem zu Ost-West-Fragen, in NRW, Hessen und Niedersachsen durchführte. Zu diesem Kreis nebenamtlicher Teamer gehörten junge Frauen und Männer, die noch studierten und später als Aktivisten des SDS und als politische Intellektuelle und Hochschullehrer noch sehr bekannt werden sollten: darunter bekannte Historiker wie Reinhard Rürup und Jürgen Kocka, der Psychiatriekritiker und -reformer Klaus Dörner, der Friedensforscher Ekkehard Krippendorf, aber auch andere Politikwissenschaftler wie Wilhelm Bleek, Lothar Hack, Hartmut Neuendorf und später Sozialpädagogik lehrende Frauen wie Annelie Keil und Gertrud Hardtmann. Man bildete sich gemeinsam inhaltlich aber auch methodisch fort. Das Themenspektrum weitete sich von der Auseinandersetzung mit der DDR, der deutschen Teilung und dem Kommunismus sowjetischer Prägung hin zu einer kritischen Theorie der gegenwärtigen Gesellschaft.
Giesecke hat Mitte der 1960er-Jahre eines der einflussreichsten und das von den Auflagen gesehen vielleicht erfolgreichste Buch zu Theorie und Praxis der außerschulischen politischen Bildung verfasst, das unter anderem den Diskussionsstand des Arbeitskreises und seine praktischen Ansätze reflektiert. Die Argumentationen in der „Didaktik der politischen Bildung“ und seinem Zwilling „Die Jugendarbeit“ verkörpern einerseits eine „didaktische Wende“ aber auch die Orientierung an der zeitgenössischen Soziologie, z. B. an der Konflikttheorie von Ralf Dahrendorf. Giesecke sprach programmatisch von einer „politische(n) Didaktik als pädagogische Theorie des Politischen.“
Anfang der 1960er Jahre ging Giesecke zum Jugendhof Steinkimmen, dessen Leiter er dann auch bald darauf wurde. Den Studienkreis nahm er mit. Ab 1963 bis 1997 war er dann an pädagogischen Hochschulen und schließlich als Professor der Universität Göttingen tätig. Im AdB wirkte Hermann Giesecke unter anderem von 1966 bis 1977 als Mitglied des Pädagogischen Beirats. Aber vielleicht sollte man auch noch erwähnen, dass die Jugendhöfe Vlotho und Steinkimmen zu den wichtigsten und vorantreibenden Einrichtungen bei der Gründung des AdB gehörten.
In späteren Jahren entfernte sich Giesecke teilweise von Disziplin und Profession der politischen Bildung und bezog, auch im Namen einer aufklärerischen Bildung, manchmal streitbare Minderheitenpositionen. Zum Schluss kritisierte er die Bologna-Reformen an den Universitäten, die neoliberalen Ausrichtungen im Bildungssektor generell und die um sich greifende Kompetenzorientierung in der politischen Bildung als „Verschwinden von Bildung“ sehr deutlich. Sein umfassendes Schrifttum hat er frühzeitig im Netz sozialisiert (www.hermann-giesecke.de).
Im September 2021 ist Hermann Giesecke, den man getrost einen Pionier der außerschulischen Bildung nach 1945 nennen darf, gestorben.
Paul Ciupke