Außerschulische Bildung 1/2022

Personalien

Seit Herbst 2021 hat die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main mit Meron Mendel und Deborah Schnabel eine neue Doppelspitze. Diese Veränderung ist eine Reaktion auf einen Ruf der University of Applied Sciences Frankfurt auf eine Professur, den Meron Mendel erhalten hat.

Um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern, hat die Bundesregierung im Mai 2021 die „Bundesstiftung Gleichstellung“ errichtet. Ihr zweiköpfiges Direktorium wurde im November 2021 benannt: Lisi Maier, bis zum 31. Juli 2021 Bundesvorsitzende BDKJ und des DBJR, und Dr. Arn Sauer, bis dahin wissenschaftlicher Mitarbeiter für Gender Mainstreaming im Umweltbundesamt und ehrenamtliches Vorstandsmitglied im Bundesverband Trans* e. V.

Die Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) hat im November 2021 einen neuen Vorstand gewählt. Die erneut gewählte Vorsitzende ist Professorin Dr. Susanne Keuchel. Stellvertretende Vorsitzende sind Julia Nierstheimer und Matthias Pannes. Beisitzerinnen sind Dr. Eva Bürgermeister, Kathrin Hartmann, Babette Ulmer und Wybke Wiechell. Seit dem 1. Januar 2022 hat die BKJ auch eine neue Geschäftsführerin: Clara Wengert.

Am 1. Dezember 2021 ist Professor Dr. Bodo Zeuner verstorben. Er war Professor am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin und dort zuständig für den Berufsfeldbereich Politische Erwachsenenbildung mit dem Schwerpunkt Arbeiterbildung.

Dr. Bernhard Gebauer, von 1966 bis 1981 Leiter der Politischen Akademie Eichholz, der bis 2014 zentralen Bildungsstätte der Konrad-Adenauer-Stiftung, ist im Dezember 2021 verstorben. Er war von 1972 bis 1978 Vorsitzender des AdB.

Der bisherige Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (AKSB), Dr. Karl Weber hat den Verband zum 1. Januar 2022 verlassen. Er übernimmt die Aufgabe des Diözesancaritasdirektors und Vorstandsmitglieds des Diözesancaritasverbandes im Bistum Limburg.

Der langjährige Direktor der Europäische Akademie Nordrhein-Westfalen e. V., Hanns Christhard Eichhorst, ist nach 20 Jahren in dieser Funktion und insgesamt fast 38 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit in der politischen Bildung im März 2022 altersbedingt aus der Akademie ausgeschieden. Sein Nachfolger wird sein bisheriger Vertreter Christian Höfer.

Seit dem 1. Januar 2022 verstärkt Alina Jugenheimer das Team in der AdB-Geschäftsstelle. Sie ist als Projektreferentin für die Digitale Plattform politischbilden.de und folgt damit Stefanie Meyer nach, die den AdB zum Jahresende 2021 verlassen hat.

Paul Ciupke, ehemaliger Herausgeber der „Außerschulischen Bildung“, zu seinem Abschied aus dem AdB: Seit Mitte der 1970er Jahre bin ich in der politischen Bildung tätig. Erste Erfahrungen mit der außerschulischen Bildung habe ich aber bereits in den 1960er Jahren gemacht. Ich war damals im Umkreis der katholischen Kirchengemeinde Jugendgruppenleiter, habe Zeltlager, Gruppenabende und ähnliches mehr organisiert. Von daher lag auch das Studium der Erziehungswissenschaften, Soziologie und Philosophie, das ich Anfang der 1970er Jahre aufnahm, sehr nahe. Ein durchaus typischer Werdegang. Aber nicht nur deshalb. Als Kind eines Hilfsarbeiters und Nachfahre schlesischer Bauern, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Deutsche vertrieben wurden, war ich in dem westfälischen Dorf, in dem ich geboren wurde, bis zu meinem Weggang nach dem Abitur immer der Pollak. Ich wusste schon als kleiner Junge, dass Bildung das Tor sein würde, das mir den Auszug aus dieser moralisch, politisch, kulturell und sozial völlig verengten, teilweise versteinerten Dorfwelt erlauben würde. Schon in den 1960er Jahren im Rahmen der neuen, weltweit sich ausbreitenden Jugendkulturen politisiert, kam ich dann 1972 in Münster an eine Universität, die ein Laboratorium für das Kennenlernen anspruchsvoller Theorien und neuer politischer Themen, für neue Bewegungsformen und sozialkulturelle Experimente bot. Ich wurde u. a. Mitglied einer alternativen Zeitschriftenredaktion und einer kleinen linkssozialistischen, intellektuell geprägten Gruppierung, die für sich in Anspruch nahm, undogmatisch zu sein, aber auch noch Mitglieder hatte, die in der Zeit vor 1933 schon politisiert worden waren und zum Teil die NS-Zeit im Exil verbracht hatten. Und schließlich probierte ich alternative Lebensformen aus. Politik und die politische Bildung wurden nicht nur Thema, sondern rahmten mein Leben von da an bis heute.
Das Feld der politischen Erwachsenenbildung hat mir einen Traumjob geboten. Mir schien bei meinen Aktivitäten, dass ich eine Art Erkunder und Entdecker war, ein Alexander von Humboldt der politischen sozialen und kulturellen Gegenwart und Vergangenheit. Ich konnte mich mit vielen spannenden Fragen, die mich auch persönlich interessierten, und anspruchsvollen Theorien auseinandersetzen, viele interessante Wissenschaftler*innen bzw. Theoretiker*innen kennenlernen, etliche europäische und andere Regionen häufig bereisen, besonders die ostmitteleuropäischen Länder zwischen Oder und Ural, Kaukasus und Ostsee und vor allem auch vielen interessierten Teilnehmer*innen begegnen, die auch immer selber Expert*innen nicht nur ihres eigenen Lebens waren.
Und damit komme ich auf mein Verständnis außerschulischer politischer Bildung zu sprechen. Politische Bildung ist kein Menschenverbesserungsprogramm und kein Weltreparaturbetrieb. Was, warum und auf welchen Wegen oder Umwegen gelernt wird, entscheiden letztlich der/die Teilnehmer*in selber. Der Leiter der Volkshochschule Breslau, Alfred Mann, der nach 1933 vor den Nazis fliehen musste und leider früh verstarb, formulierte 1928 über die Volkshochschularbeit: „Sie darf letzten Endes keine anderen Absichten verfolgen als vom Bewußtsein ihrer Teilnehmer kontrollierte.“
Meine Vorstellungen über gelungene politische Bildungsarbeit knüpft an demokratie- und kommunikationstheoretische Paradigma an: Veranstaltungen der außerschulischen politischen Bildung verkörpern Arenen oder kleine Öffentlichkeiten, in denen nach den professionell definierten Grundsätzen und Prinzipien Teilnehmer*innen die Gelegenheit haben, empirisch und wissenschaftlich relationierte Erkenntnisse zu gewinnen, subjektive und biografische Erfahrungsgehalte zu vergleichen, ihre Meinungen und Einstellungen im Dialog mit anderen zu überprüfen, Argumente auszutauschen, Orientierungen sich zu erarbeiten und ggf. sich auch zu mehr Partizipation im öffentlichen Geschehen zu ermutigen. Solche Öffentlichkeiten werden in der neueren amerikanischen Diskussion um deliberative Demokratieverständnisse auch Mini-Öffentlichkeiten genannt, sind aber demokratische Öffentlichkeiten nur im Rahmen der Geltung und Anwendung allgemeiner im Feld der politischen Bildung geteilter didaktischer Prinzipien und bildungstheoretischer Vorannahmen. Sie sind pädagogische und keine politischen Veranstaltungen.
Ein solches Grundverständnis, das ein Geländer bieten kann gerade in Zeiten der Verunsicherung, der Beschleunigung, der Herausforderung durch neue Grundsatzfragen, scheint mir aber immer mehr verloren zu gehen. Ich beobachte immer häufiger, dass Akteure und Akteurinnen der politischen Bildung nicht mehr den Unterschied zwischen Bildung und tagesaktueller politischer Intervention kennen, dass nicht der persönlich offene Habitus und die ergebnisoffenen selbstbestimmten Auseinandersetzungen mit den Fragen, wie wir gemeinsam leben wollen, den Duktus von Angeboten und Veranstaltungen bestimmen, sondern eine dahinterstehende politische Erwartung und normative Setzung, was unbedingt gelernt werden muss. Verstärkt wird das noch durch die Verwechslung von Extremismusprävention und ähnlichen Ansätzen, wie sie im Programm „Demokratie leben!“ präferiert werden, mit politischer Bildung.
Ab Ende der 1990er Jahre gaben mir Moritz von Engelhardt, Mechthild Merfeld und Peter Ogrzall die Möglichkeit, im AdB aktiver zu werden und den AdB auch in Außenbereichen zu vertreten. Ich wurde Mitherausgeber der „Außerschulischen Bildung“, 16 Jahre lang, und repräsentierte den AdB ebenfalls viele Jahre in der Mitgliederversammlung und im Verwaltungsrat des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung sowie in Gremien des Bundesausschusses politische Bildung. Dass ich hier überall mein Wissen und meine Perspektive einbringen konnte, dafür bin ich sehr dankbar.
Ich danke für die jahrelange gute Zusammenarbeit Mechthild Merfeld, Ingeborg Pistohl, Ina Bielenberg, Friedrun Erben, Boris Brokmeier und vielen anderen mehr in der Redaktion der „Außerschulischen Bildung“ und im AdB.
Mir werden die vielen anregenden Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen im AdB fehlen. Etliche beeindruckende Persönlichkeiten mit interessanten Lebenswegen und intellektuellen Befähigungen konnte ich hier im Laufe von ca. 30 Jahren kennenlernen. Politische Bildung ist mehr als Trainings, Methodenworkshops und Kampf gegen aktuelle politisch nicht gewollte Trends. Sie ist Teil einer politischen demokratischen Kultur, in der ohne Zwang und Druck aber mit der Kraft des besseren Arguments an einer gemeinsam geteilten öffentlichen Meinung gearbeitet werden darf.
Und so sage ich Tschüss, macht‘s gut und bzw. macht‘s besser.

Paul Ciupke