Außerschulische Bildung 4/2020

Politische Jugendbildung in Corona-Zeiten – Stellungnahme der Gemeinsamen Initiative der Träger politischer Jugendbildung

Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e. V. (AdB) hat am 14. September 2020 zusammen mit den weiteren Trägern der GEMINI – Gemeinsame Initiative der Träger politischer Jugendbildung die Stellungnahme „Politische Jugendbildung in Corona-Zeiten“ veröffentlicht. Sie wendet sich insbesondere an die Verantwortungsträger*innen im parlamentarischen Raum und bittet sie, die in der Stellungnahme benannten Themen und Schlussfolgerungen in ihren Beratungen und Haushaltsplanungen zu berücksichtigen. Im Folgenden die Stellungnahme im Wortlaut:

Verschärfung gesellschaftlicher Konfliktlinien aus der Sicht junger Menschen

Die Corona-Pandemie hat das Leben von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einschneidend verändert. Erste aussagekräftige Studien verdeutlichen die zentrale Notwendigkeit einer Vielfalt von schulischen und außerschulischen politischen Bildungsangeboten und Handlungsräumen.

Das Fazit der Studien: Die politische Problem- und Krisenwahrnehmung von Jugendlichen geht einher mit dem Eindruck, in den politischen Entscheidungen zum Umgang mit der Corona-Pandemie nicht gehört worden zu sein (bundesweite JuCo Studie, Universität Hildesheim 2020). Die weitgehende Schließung von schulischen und außerschulischen Räumen stellt viele Jugendlichen nicht nur vor die Herausforderung, neue Alltagsroutinen zu entwickeln wie z. B. das Homeschooling. Sie führt auch zu weitreichenden Einschränkungen ihres sozialen Lebens und ihrer persönlichen Freiheiten. Ganz überwiegend verbinden Jugendliche mit der Corona-Krise negative Gefühle wie Angst, Verunsicherung, Ohnmacht und Zukunftssorgen (85 % der Nennungen, Sinus-Jugendstudie 2020). Selbst wenn ein hohes Maß an Vertrauen in die Demokratie und in das politische Corona-Krisenmanagement besteht, fühlen sich viele Jugendlichen mit ihren Sorgen und Interessen politisch nicht ernst genommen (bundesweite JuCo Studie, Universität Hildesheim 2020). In der politischen Wahrnehmung sehen sie sich im Wesentlichen auf ihre Rolle innerhalb des formalen (Aus-) Bildungssystems reduziert und nicht als demokratisch Mitgestaltende miteinbezogen. Die schon vor der Corona-Krise vielfach attestierte geringe politische Einflusserwartung (Shell Studie 2019) verfestigt sich damit. Insbesondere Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen artikulieren ein geringes Vertrauen in die Politik und haben dementsprechend geringe Erwartungen an eine mögliche demokratische Teilhabe oder die Repräsentation ihrer Interessen im politischen Raum. Selbst Jugendliche, die sich politisch interessieren und engagieren, stehen einem konventionellen politischen Engagement skeptisch gegenüber. Insgesamt verstärken sich in der Corona-Krise die gesellschaftlichen und sozialen Ungleichheiten und Polarisierungen in den Lebenswirklichkeiten von Jugendlichen, die bereits vor der Krise sichtbar waren. Dies betrifft zum Beispiel Zugänge zu digitalen Lernmaterialien, die Unterstützungsangebote im Homeschooling, Rückzugsmöglichkeiten im eigenen Zuhause, aber auch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit in der Familie. Diskussions-, Erfahrungs- und Handlungsräume junger Menschen werden zudem eingeschränkt.

Die Bedeutung non-formaler Bildungsgelegenheiten und außerschulischer Lern- und Begegnungsorte für junge Menschen