Außerschulische Bildung 1/2022

Sinus-Milieus 2021: Deutschland im Umbruch

Seit vier Jahrzehnten erforscht das SINUS-Institut den Wertewandel und die Lebenswelten der Menschen und hat daraus das Gesellschafts- und Zielgruppenmodell der Sinus-Milieus entwickelt. Die Anfang Oktober 2021 veröffentlichten „Sinus-Milieus 2021“ bilden die neue Alltagswirklichkeit in der Gesellschaft ab – geprägt durch politische Umbrüche, Digitalisierung, populistische Bewegungen und klimatische Extremereignisse.

Laut Sinus-Institut geht die größte soziokulturelle Dynamik aktuell von der Mitte der Gesellschaft aus. Die Lebens- und Wertewelten driften auseinander. Der statusoptimistische Teil modernisiert sich und blickt nach oben. Der harmonieorientierte, größere Teil sieht seinen Lebensstil und seine Prinzipien gesellschaftlich entwertet, zieht sich verbittert zurück und grenzt sich verstärkt nach unten und nach oben ab. Der gesellschaftliche Zusammenhalt nimmt ab, weil der Glaube an kontinuierliche Wohlstands- und Sicherheitsgewinne erodiert.

Nachhaltigkeit ist zu einer sozialen Norm geworden und somit in immer mehr Milieus im Alltag handlungsleitend. Es ist nicht mehr eine Frage des „Ja“ oder „Nein“, sondern des „Wie“. Das führt in Teilen der unteren Mitte und der Unterschicht angesichts neuer Verteilungskämpfe aber auch zur Sorge um Teilhabe und Befürchtung höherer Kosten. Nachhaltigkeit ist heute zwar mehrheitsfähig, wird aber milieuspezifisch sehr unterschiedlich verstanden und gelebt.

Weil im modernen gehobenen Segment der Druck weiter gewachsen ist, Autonomie und Selbstbestimmung zu leben, sind Veränderungsfähigkeit und agiles Krisenmanagement (Resilienz) dort zu Kernkompetenzen geworden. Diese stärken den Einfluss neuer Leitmilieus. An der Spitze ist eine neue kosmopolitische Elite entstanden.

Auch ältere, traditionelle Lebenswelten haben sich teilweise modernisiert. Über alle Milieus hinweg hat die Akzeptanz pluralisierter Lebensformen zugenommen. Diversität hat sich als neue soziale Norm etabliert.