Außerschulische Bildung 3/2020

Was die Deutschen über Technik denken – TechnikRadar 2020

Vom 19. August bis 17. September 2019 wurden 2.006 zufällig ausgewählte in Deutschland lebende, deutschsprachige Personen ab 16 Jahren telefonisch von der INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung befragt, was sie über Technik denken. Die Untersuchung wurde durchgeführt durch das TechnikRadar von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und von der Körber-Stiftung. Erstellt und wissenschaftlich ausgewertet werden die Daten vom Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart. Neben der allgemeinen Einstellung zu Technik fragt die Studie ab, wie die Deutschen zu den Zielen und möglichen Auswirkungen der Bioökonomie, also ökologisch nachhaltige Innovationen, stehen. Der Begriff bezieht sich auf neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen, die fossile durch biologische Ressourcen ersetzen oder biologisches Wissen nutzen, um zu einem nachhaltigeren und zukunftsfähigen Wirtschaftssystem beizutragen.

Das TechnikRadar 2020 zeigt: Biokunststoff und Biosprit aus Reststoffen finden Zuspruch, Laborfleisch und grüne Gentechnik werden abgelehnt. 70,2 % der Deutschen finden, Deutschland sollte beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen. Dass der Umweltschutz eine Einschränkung des Konsums erfordert, meinen sogar 74,4 % der Befragten. Während allgemeine Ziele zum Umwelt- oder Klimaschutz in Deutschland Zuspruch finden, sind persönliche Einschränkungen und Verbote unter den Befragten wenig populär: Höhere Steuern auf fossile Brennstoffe würde nur ein Drittel begrüßen (35 %). Ähnlich wenige befürworten die Einschränkung des privaten Autoverkehrs (33,4 %) – und fast genauso viele Deutsche (29,5 %) lehnen dies ab.

Geht es um die Rolle der Politik beim Umweltschutz, sind die Befragten geteilter Meinung: Die Frage, ob der Staat die Menschen zu umweltgerechtem Handeln zwingen sollte, wird je zu etwa einem Drittel befürwortet (34,7 %) oder abgelehnt (32,2 %), ein weiteres Drittel (33,1 %) ist ambivalent. 59 % sind der Ansicht, die Politik müsse für den Klimaschutz Maßnahmen ergreifen, auch wenn die Wirtschaft darunter leide.
Bisher wurden Kunststoffe aus Erdöl hergestellt. Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zeigen, dass es auch anders geht. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen (88,4 %) hält es für sinnvoll, herkömmliches Plastik durch solche bioökonomischen Produkte zu ersetzen. Jede bzw. jeder zweite Befragte (49,7 %) schätzt die neuen Wertstoffe auch, weil sie helfen, Deutschland von den internationalen Ölmärkten unabhängig zu machen und Wettbewerbsvorteile versprechen. Durch den Anbau der hierfür erforderlichen Rohstoffe erwartet allerdings mehr als die Hälfte der Befragten (64,2 %) massive Auswirkungen auf das Landschaftsbild, Monokulturen (62,6 %) und den vermehrten Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen (61,1 %).

Im Zusammenhang mit der Bioökonomie wird auch über Grüne Gentechnik diskutiert. Bei dieser Züchtung werden Gene der eigenen oder einer fremden Art in das Erbgut eingeschleust, um Pflanzen widerstandsfähiger zu machen und Erträge zu verbessern. Dies lehnen 57,5 % der Deutschen ab. Den Nutzen solcher gentechnischen Nutzungsverfahren erkennen nur 20,9 % der Befragten, 66,4 % bewerten die dadurch entstehenden Risiken als hoch oder eher hoch.

Biologische Abfall- und Reststoffe wie Gülle, Restholz, Kompost und Abfälle aus der Gastronomie lassen sich mit Hilfe biotechnischer Verfahren in Kraftstoffe verwandeln – wenn auch bisher nur im kleinen Maßstab. Eine Mehrheit der Deutschen (76,8 %) hält dies für eine gute Sache. 62,8 % sprechen sich für eine staatliche Förderung des vielversprechenden Verfahrens aus. Rund die Hälfte (53,4 %) meint, dass das für die Herstellung notwendige Know-how die Wirtschaft stärken wird.

Anders ist die Meinung bei der Ernährung: Nur vier von zehn Personen (40 %) sind der Ansicht, dass die Welternährung sich sicherstellen lässt, wenn wir auf Fleisch aus der umweltbelastenden industriellen Tierhaltung verzichten. Am stärksten glauben dies Frauen über 65 Jahren (51,3 %), am wenigsten Männer in der mittleren Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren (32,3 %). Eine Möglichkeit, auf konventionelle Tierhaltung zu verzichten und gleichzeitig die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern, ist Fleisch aus dem Labor. Aus tierischen Stammzellen werden dabei mit Nährlösung Muskelfasern gezüchtet. Als geeigneten Ansatz, um die globale Ernährung zu sichern, sieht dies nur etwas mehr als die Hälfte (57,8 %) der Befragten. Den Verzehr von solchem Fleisch können sich nur 24,1 % vorstellen. 64,8 % fürchten, dass dieses Verfahren zu einer weiteren Entfremdung der Menschen von der Erzeugung ihrer Nahrungsmittel führt und mit 47,1 % hält fast jede oder jeder Zweite Laborfleisch für risikoreicher als Fleisch aus konventioneller Tierzucht.

Quelle, weitere Informationen sowie Download der Kurz- und der Langfassung: www.koerber-stiftung.de/technikradar