Außerschulische Bildung 1/2022

Die neue Europäische Agenda für Erwachsenenbildung 2021–2030

Wichtige Orientierungspunkte für die Erwachsenenbildung aus Sicht des AdB

Foto: AdB

Die neue Europäische Agenda für Erwachsenenbildung – New European Agenda for Adult Learning 2021–2030 (NEAAL; https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-14485-2021-INIT/en/pdf) – wurde am 29. November 2021 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet. Sie enthält viele wichtige Orientierungspunkte für die Erwachsenenbildung. Der Referent für internationale politische Bildung im AdB, Georg Pirker, hat aus Sicht der politischen Erwachsenenbildung des AdB eine zusammenfassende Einschätzung vorgenommen. Die ausführliche Fassung finden Sie hier: www.adb.de/content/die-neue-europaeische-agenda-fuer-erwachsenenbildung_2021-2030.

Mit diesem Ratsbeschluss gibt es für die Erwachsenenbildung wieder einen politischen Rahmen, der europaweit Orientierungspunkte für Erwachsenenbildung liefert. Die Erwachsenenbildung hatte nicht nur auf der europäischen Ebene in den letzten Jahren einen zum Teil unglücklichen Stand: Formal zuständig ist die Generaldirektion Beschäftigung, programmatisch angelagert sind viele Aktivitäten in Erasmus+, und ähnlich wie in Deutschland besteht ein spürbares Spannungsfeld zwischen beruflicher Weiterbildung und allgemeiner Erwachsenenbildung. Die Diskurse drehen sich um Begriffe wie allgemeine Bildung, politische Bildung, Weiterbildung, learning for wellbeing, folkbidning, community learning, educacion popular … um nur einige zu nennen.

In der europäischen Bildungslandschaft kommt hinzu, dass Erwachsenenbildung eine Angelegenheit sehr unterschiedlicher institutioneller Strukturen ist. Für den deutschen Kontext vielleicht die wirkmächtigste Unterscheidung ist die in berufliche und allgemeine Weiterbildung, entlang derer sich viele pädagogische Herausforderungen und Konfliktlinien bewegen.

Nun ist die neue Agenda nicht wirklich neu, sie fußt auf vielfältigen Prozessen und Initiativen, deren prominenteste vielleicht die Ratsempfehlung zu Upskilling Pathways (2016), zur Validierung non-formalen und informellen Lernens (2012) und die (damals) erneuerte Agenda für Erwachsenenbildung (2011) sind. Die neue Agenda sieht in gelingender Erwachsenenbildung den Schlüssel, die aktuellen Transformationen (Klima, Digitalisierung) und ihre gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Folgen/Begleiterscheinungen anzugehen. Die NEAAL misst allgemeiner, insbesondere politischer Erwachsenenbildung, eine wichtige Rolle zu, steht sie doch in einem unmittelbaren Bezug zur europäischen Säule sozialer Rechte und soll zu dessen Verwirklichung einen maßgeblichen Beitrag leisten.

Die Hervorhebung des sozialen und gesellschaftlichen Aspektes der Erwachsenenbildung, ihr Voranstellen gegenüber auch beruflicher Verwertbarkeit im Dokument ist auffallend und stellt eine Abkehr bisheriger Schwerpunktsetzungen zumindest in Aussicht. Auch die wiederholte Betonung der Notwendigkeit sektorübergreifender Anerkennung und Kooperation ist eine Neuerung. Sie erkennt zugleich die Tatsache einer fragmentierten Erwachsenenbildungslandschaft in Europa an und beschreibt einen klaren Aufgabenkatalog für politisches Handeln im Kontext europäischer und nationaler Bildungspolitik: Anerkennung ernstnehmen, Barrieren umfassend reduzieren, Akteursvielfalt anerkennen und politische Fragmentierung überwinden.

Viele der Forderungen, gerade zur Digitalisierung, sind im deutschen Kontext auch im Digitalpakt angedacht. Zur Umsetzung und Ausgestaltung müssen sich gerade die Strukturen und Träger der Erwachsenenbildung verstärkt auf den Weg machen, nicht nur in pädagogischer Hinsicht, sondern auch unter dem Aspekt der Organisationsentwicklung.

Die NEAAL bietet hier eine willkommene und gute Möglichkeit mit Politik ins Gespräch zu kommen.