Außerschulische Bildung 4/2022

Rassismuskritik als Professionskompetenz

Fachtagung des AdB zum Stellenwert von rassismuskritischem Denken in der politischen Bildung

Nach dem Stellenwert von rassismuskritischem Denken in der politischen Bildung fragte die Fachtagung „Rassismuskritisch denken lernen. Diversität in Gesellschaft und Demokratie in und mit politischer Bildung stärken“, die der AdB am 5. und 6. September 2022 im Tagungshotel Dietrich-Bonhoeffer-Haus Berlin veranstaltete. Über fünfzig Fachkräfte der politischen Bildung diskutierten konstruktiv über unterschiedliche Perspektiven und suchten gemeinsame Antworten.

Um eine gemeinsame Arbeitsbasis im kritischen Weiterdenken zu ermöglichen, richtete Prof. Dr. Karim Fereidooni, Ruhr-Universität Bochum, in seinem Eingangsvortrag einige begriffliche und konzeptionelle Empfehlungen an das Publikum. Zudem benannte er die aus seiner Sicht überfälligen Änderungen im professionellen Selbstverständnis auf dem Weg zu einer rassismuskritischen politischen Bildung. Wie bereits im 16. Kinder- und Jugendbericht aufgegriffen, sei die Vorstellung von politischer Bildung als „neutral“ eine „missverstandene Indifferenz gegenüber menschenfeindlichen Positionen“. Aufgabe sei das exakte Gegenteil. Politische Bildner*innen seien verpflichtet, sich im Sinne des Grundgesetzes und der Menschenrechte zu positionieren. Demokratische Bildung allgemein verlange nach einer Auseinandersetzung mit Ungleichheitsvorstellungen und deren Konsequenzen.

Dies alleine garantiere jedoch noch keine durch rassismuskritisches Denken geleitete politische Bildung. Vielmehr benötige es einen Kultur- und Haltungswandel in der Profession. Rassismuskritik „sollte eine Professionskompetenz in der politischen Bildung werden, da das ‚normale Wissen‘ rassismusrelevante Wissensbestände enthält.“ Rassismus sollte nicht als problemhaftes Wissen angesehen werden, das mit Bildung zu beseitigen sei. Wichtig sei es, die Funktionalität von Rassismus im eigenen Leben, in Institutionen, Organisationen und verbandlichen Strukturen zu thematisieren und Selbstreflexionsanlässe zu schaffen, um ein aktives Verlernen rassistischer Prägungen zu ermöglichen.

Moderiert von Roland Wylezol, AdB-Vorstandsmitglied, diskutierten Susanna Steinbach (Bundesgeschäftsführerin Türkische Gemeinde in Deutschland), Iris Rajanayagam (Referentin für Diversität, Intersektionalität und Dekolonialität der Bundeszentrale für politische Bildung) und Enoka Ayemba (Bildungsteam Berlin-Brandenburg e. V.) mit dem Plenum. Thema waren strukturelle Schieflagen in der Förderstruktur der politischen Bildung sowie Chancen und Risiken von Kooperationen weißer mit Rassismus-erfahrenen Organisationen.