Welches Potenzial hat Childismus für die politische Bildung mit Kindern?
Politische Bildung mit Kindern ist nicht nur ein „nice to have“. Auch jüngere Kinder haben bereits ein Anrecht darauf. Die Perspektive, dass sie das nicht können oder man sie vor einigen Themen schützen muss, ist adultistisch. Im Rahmen des AdB-Projekts „Demokratie-Profis in Ausbildung! Politische Bildung mit Kindern“ wurde deutlich: Es fehlt weder an Kompetenzen auf Seiten der Kinder noch an Kenntnissen über Formate und Methoden. Vielmehr stehen den Fachkräften oft ihre adultistischen Vorurteile Kindern gegenüber ebenso im Weg wie ihre Erwartungen an Bildungsveranstaltungen. Damit werden das Selbstverständnis und die Haltung zu einer wichtigen Grundlage der politischen Bildung und zur entscheidenden Stellschraube für die Arbeit mit Kindern.
Die Frage nach der Haltung in der politischen Bildung und in der Kinder- und Jugendarbeit ist nicht neu und trotzdem nie zufriedenstellend beantwortet. Geht es darum, Bildungspraxis zu stärken, wird stets nach Methodenkoffern und Best Practice Beispielen gerufen. Der Hinweis darauf, welche große Rolle die Haltung der politischen Bildner*innen hat, wird als selbstverständlich abgetan. Um zu verdeutlichen, was die Herausforderungen sind, ist es daher notwendig, das Selbstverständnis zu konkretisieren, das die Basis für eine gelingende kritische Bildungsarbeit mit Kindern ist. Wichtiger Ausgangspunkt dafür sind die Diskurse zu Partizipation und Demokratiebildung sowie zu Adultimus(kritik) und zum Ansatz des „kritischen Erwachsenseins“ (Ritz/Schwarz 2022).
Schon Sokrates wird nachgesagt, er hätte keine gute Meinung zu der „Jugend von heute“ gehabt, und ganz selbstverständlich meinen Erwachsenen auch heute, sie müssten Kinder beschützen, in die Schranken weisen und wüssten es grundsätzlich besser. Im Sinne des kritischen Erwachsenseins müssen wir uns jedoch stets fragen „Wissen wir es besser?“, „Welche Vorgaben/Regeln/Reaktionen sind wirklich unabdingbar?“ und „Wie gehen wir mit der Macht um, die wir gegenüber Kindern haben?“ Aus dieser Reflexion heraus kann eine Haltung entwickelt werden, die junge Menschen als gleichwürdig ansieht. Die Aufforderung zur Reflexion der strukturellen Altersdiskriminierung konkretisiert jedoch auch nur grob die notwendige Haltung für die politische Bildung mit Kindern. In Diskursen zur Demokratiebildung wird auf die Gestaltung von Partizipationsstrukturen fokussiert. Um zu beschreiben was Ziel und Selbstverständnis (kritischer) politischer Bildung mit Kindern ist, könnte der Childismus-Ansatz eine nützliche Ergänzung sein.