Außerschulische Bildung 3/2021

„Politische Bildung ist ein erster wichtiger Schritt in die Selbstermächtigung“

Interview mit Jamie C. Schearer-Udeh und Fatima Moumouni

Das Gespräch wurde im Kontext einer Veranstaltung geführt, die im Februar 2021 zu „Schwarzem Feminismus“ vom Fritz-Erler-Forum, dem Landesbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Baden-Württemberg, organisiert wurde. Die Fragen an Jamie C. Schearer-Udeh und Fatima Moumouni stellt Anja Dargatz.

„Das Private ist politisch, das Politische privat“ – wenn dieser Satz seine Daseinsberechtigung hat, dann in der Auseinandersetzung mit Rassismus: Mit der strukturell-gesellschaftlichen Ebene ist immer auch die persönliche Ebene verknüpft. Wie verbinden Sie diese beiden Ebenen, in Ihren Workshops und Vorträgen?

Jamie Schearer-Udeh: Wir leben in einer Welt, in der Rassismus Teil aller Strukturen ist – am Arbeitsplatz, im öffentlichen Leben und eben auch in Familien und freundschaftlichen wie romantischen Beziehungen. Eine Trennung verschiedener Ebenen wäre also künstlich. Wenn Menschen meine Vorträge mit neuem Verständnis und Wissen verlassen sollen, ist es mir sehr wichtig, dass sie selbst evaluieren und reflektieren: „Wo stehe ich mit anti-rassistischen Praxen, wo muss ich genauer hinschauen? Wo habe ich Leerstellen?” Denn Leute müssen bzw. sollten im Selbststudium weitermachen. Das kann Artikellesen sein, aber auch die neuen Medien wie YouTube, Instagram und Co. bieten tolle Anlaufstellen.

Sojourner Truth, Ida B. Walls, Ella Baker, Fannie Lou Hamer, Audrey Lorde oder die Schwarze Frauenbewegung in Deutschland ADEFRA – was können wir heute in Bezug auf Feminismus und Antirassismus von ihnen lernen?

JSU: Sojourner Truth hat bereits im 19ten Jahrhundert Rassifizierung im Sinne von „race“, Geschlecht und Klasse zusammengedacht – was wir seit den 1990er Jahren als Intersektionalismus kennen, also die Überschneidung von mehreren Unterdrückungsmechanismen, die auf einmal wirken. So erfährt z. B. eine Schwarze Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um ein konstruiertes Zuordnungsmuster handelt, und keine reelle „Eigenschaft“, die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist. So bedeutet Schwarz-sein in diesem Kontext nicht, pauschal einer „ethnischen Gruppe“ zugeordnet zu werden, sondern ist auch mit der Erfahrung verbunden, auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen zu werden. Weiß bildet dabei kein politisches Gegenstück zum Widerstand, der durch das Großschreiben von „Schwarz“ ausgedrückt wird, weshalb es klein und kursiv geschrieben wird, da es sich hier ebenfalls um ein Konstrukt handelt, das aber kein Widerstandspotenzial beinhaltet. Vgl. dazu Eggers, M. M. et al. (Hrsg.) (2005): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster: Unrast Verlag. Frau Rassismus und Sexismus zugleich. Es gibt einiges, was wir von jenen vor uns lernen können. So ist politische Bildung ein erster wichtiger Schritt in die Selbstermächtigung, denn das verdeutlicht, in welchen historischen und politischen Kontexten wir uns bewegen. Das kann durch Lesen, Podcasts oder andere Medien passieren, es kann aber auch durch Teilen von Erfahrungen von persönlichen Geschichten und (Familien-)Historie passieren. Wir sind alle Teil von politischer Geschichte und diese zu verstehen und sichtbar zu machen ist ein wichtiger Aspekt von politischer Bildung. Dieses Empowerment kann viele Formen annehmen. Für mich bedeutet Empowerment, mit anderen Menschen zu sein, die ähnliche Erfahrungswelten haben, und aus der Vereinzelung zu treten, die systemisch ist. Denn Rassismus im deutschen Kontext bedeutet, sich selten gespiegelt, gehört oder gesehen zu fühlen. Räume für Empowerment sind somit essenziell. Um Unterdrückungsmechanismen aufzubrechen braucht es gemeinsames politisches Handeln – Organising. Um in einer gerechteren Gesellschaft zu leben, ist es wichtig zu sagen, wo der Schuh drückt. Das kann Kampagnenarbeit sein, das kann das Gründen von neuen Organisationen sein oder das Durchbrechen von Barrieren in Kultur, Politik oder anderen Kontexten.

… Ansätze des politischen Kampfes, die auch jenseits des Themas Anti-Rassismus innovativ und progressiv sind. Die ersten Vorkämpfer*innen wie Solothurn Truth hatten die Versklavung noch am eigenen Leib erlebt und wie sie aufgrund ihrer Klassenzugehörigkeit abgewertet wurden. Wie sieht es heute mit der Frauenbewegung aus? Auch die weiße Frauenbewegung kennt widerstreitende Interessen zwischen Arbeiterinnen und bürgerlichen Frauen.

JSU: Die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Frauenbewegungen bestehen fort – an dem Grundprinzip hat sich nichts geändert. Wenn die weiße, bürgerliche Frauenbewegung die „gläsernen Decken“ kritisiert oder Work-Live-Balance fordert, dann trifft das aus Sicht vieler Schwarzer, nicht-akademisierter Frauen definitiv nicht die dringlichsten Probleme. Da können gleiche Chancen bei Bildung und auf dem Arbeitsmarkt oder nicht rassistisch angefeindet zu werden, dringlicher wirken. Und es ist mir wichtig dabei zu betonen, dass es darüber hinaus noch viele andere Positionen gibt, die beleuchtet werden müssen – bin ich cis oder trans*, bin ich ableisiert – also „able“ ohne Behinderung und Einschränkung – oder nicht, hetero oder nicht. Diese Faktoren beeinflussen, ob ich mich in einer politischen Bewegung gesehen und mitgedacht fühle oder nicht und dort wieder Ausschluss und Diskriminierung erfahre. Eine wichtige Frage, mit der ich viel arbeite ist, wie schaffe ich es, meine eigene Realität sichtbar zu machen, ohne andere unsichtbar zu machen. Und das braucht viel Übung und Hinterfragen meiner eigenen Praxen.

Koloniales Denken setzt sich bis heute fort. In Deutschland gibt es derzeit eine sehr starke öffentliche Debatte.

JSU: Diesbezüglich sind Prozesse Bewegung – und das ist gut, denn es gibt sehr viel zu tun. Die Überarbeitung von Kinderbüchern ist da ein ganz konkretes Beispiel. Bei „Pipi Langstrumpf“ wurde die Bezeichnung ihres Vaters in „Südsee-König“ gewandelt – aber sonst bleibt alles gleich: der Blick auf das „Exotische“, die Überlegenheit der Weißen, keine charakterlich ausgearbeiteten Schwarzen Personen. Hier steht das fortschrittliche Bild eines starken emanzipierten weißen Mädchens gegen eine koloniale Sichtweise auf die Welt.

Als Menschen, die sich persönlich, beruflich und künstlerisch mit dem Thema auseinandersetzen: Wie reagiert ihr auf rassistische Äußerungen?

Fatima Moumouni: Ganz unterschiedlich. Es hängt auch von der Tagesform ab: Habe ich Kopf und Laune für eine schlagfertige Antwort, an der ich mich hinterher freuen kann? Für Situationen, in denen die eigene Sicherheit nicht gefährdet ist, ist mir wichtig, auch in Workshops zu vermitteln: Rassismus ist Gewalt. Ich darf wütend sein und muss dabei auch nicht immer die Verständnisvolle, Geduldige sein und die Gesamtverantwortung dafür tragen, dass die Situation nicht eskaliert. Häufig werden Personen, die Rassismus erleben, in die Rolle gedrängt, diese Verantwortung alleine zu tragen: Schnell ist man „anstrengend“, „nervig“ oder die Person die „immer wieder“ mit dem Thema anfängt – dabei ist auch Rassismus anstrengend, nervig und allgegenwärtig. Weiter wichtig, zum Beispiel bei Übergriffen im öffentlichen Raum, ist, dass weiße Personen ebenfalls eingreifen und sich nicht aus der Verantwortung nehmen.

Wann ist es von weißer Seite „Verantwortung übernehmen“ und wann „spricht man für jemanden“, was ich mir als Nicht-Betroffene vielleicht gar nicht anmaßen sollte? Wo liegt da die Grenze?

FM: Natürlich gibt es paternalistische Interventionen, die vielleicht gut gemeint sind, aber nur strukturellen Rassismus reproduzieren – man kann immer mal in ein Fettnäpfchen treten. Antirassistisch oder allgemein anti-diskriminatorisch zu intervenieren ist gar nicht so einfach, das muss man regelrecht üben. Da das aber eben Alltagssituationen sind, lohnt es sich, sich genau zu überlegen, wie eingreifen, was sagen, wenn ein dummer Spruch fällt oder gar ein Übergriff passiert.

Wie sieht echte Unterstützung aus?

FM: Unterstützung, die auf Empathie beruht; nicht in Frage stellen, dass der Mensch betroffen ist, auch wenn es für Nicht-Betroffene die Aggression vielleicht gar nicht als solche zu erkennen ist: ein Blick, ein Weg-Setzen, ein Abwenden … Man muss verstehen, dass es die berühmten tausend Nadelstiche sind, die weh tun und die dazu führen, dass jeder weitere, sei er auch noch so „klein“, schmerzhaft ist – sich mit diesem Verständnis einzumischen, ist solidarisch.

JSU: Deshalb ist auch ein wichtiger Schritt, wenn man sich dem eigenen Rassismus annähert: Beziehungen aufbauen und genauer verstehen wie ich mit Schwarzen und Menschen of Color in Beziehung bin. Und das bedeutet: Entschleunigung. Lesen, Zuhören, Reflektieren, auf die eigenen Handlungsweisen schauen, nochmals überdenken, sich in unbequeme Situationen bringen, in dem ich Feedback erfrage und zulasse und die weiße Komfort-Zone verlassen.

FM: Und dazu muss man auch nicht die einzige Schwarze Kollegin im Team fragen, wie sie sich so fühlt oder ob sie schon mal diskriminiert wurde. Vielleicht hat sie ja gerade keine Lust, darüber zu sprechen oder hat dazu gar keine Meinung – aber wegen ihrer Haut wird sie zum Objekt, an dem der weiße Mensch, das Subjekt, lernt. Dabei geht es immer um die Schwarze, nie um die weiße Haut. Der Schwarze Mensch redet über sich und „zieht sich aus“ und von dem anderen kommt nichts zurück. Diese ständige Position kann sehr unangenehm sein und fühlt sich manchmal so an, als müsse man seine eigene Menschlichkeit erklären. Ich habe mal erlebt, wie ein 10jähriger Schüler vor der Klasse den Islam verteidigen und sich den Vorurteilen des Lehrers stellen sollte – ein Kind, das vielleicht genauso viel oder wenig über den Islam weiß wie die Lehrkraft, wurde zum Stellvertreter einer Gruppe gemacht. Man kann sich auch anders dem Thema annähern: Aktuell sind unheimlich viele Bücher zu dem Thema erschienen, das Internet ist ein unerschöpflicher Fundus an Videos, Texten, Diskussionsforen.

Es ist nicht die Aufgabe von Schwarzen Menschen, der weißen Mainstream-Gesellschaft ihren Rassismus zu erklären – oder „Warum ich nicht länger mit weißen Menschen über Hautfarbe spreche“ wie Reni Eddo-Lodge sagt. Warum machen Sie es trotzdem?

FM: Ich bin Aktivistin und Poetin – wenn ich gerade die richtigen Worte gefunden habe, dann teile ich sie gerne und das in der Hoffnung, dass sie von Gebrauch sein können für Leute, die sich wehren wollen gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Ich habe in meiner Arbeit einen Fokus auf Leute, die lernen wollen, ich habe keinerlei Anspruch, mit Nazis zu arbeiten. Auch im Privaten bin ich weniger geduldig, ich will mich und meine Existenz nicht ständig erklären müssen. Ich sehe die antirassistische Arbeit als Beruf, quasi als Profisport, den ich so lange mache, bis die Arthritis mich packt. Gerade habe ich Knieweh und gebe keine Anti-Rassismus-Workshops, weil es mich nervt, dass jetzt dieses riesige Defizit an antirassistischer Bildung in diesem Land mit Workshops gelöst werden soll. Wir brauchen andere Lehrpläne, Sensibilisierung in der Ausbildung für Lehrkräfte, andere Institutionen, mehr Studien, mehr Aufklärung, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Polizeigewalt, Aufarbeitung deutscher Kolonialgeschichte, dem Umgang mit den sogenannten „Gastarbeitern“ und den darauffolgenden Generationen und ein gesellschaftliches Gespräch, das nicht jedes Mal bei „Gibt es Rassismus?“ anfängt und natürlich viel mehr. Manchmal gehen einem diese Arbeit und der Zweifel am gesellschaftlichen Fortschritt in diesen Themen sehr nah, dann braucht man Abstand. An den Tagen, an denen ich nicht an eine bessere Welt glaube, glaube ich aber trotzdem, dass es wichtig ist, Menschen, die von Rassismus betroffen sind, zu empowern. Und dann fokussiere ich mich darauf, am Selbstbewusstsein und Selbstverständnis von migrantischen und rassifizierten Menschen zu arbeiten, das geht auch mit Lustvollerem als mit Workshops: Kunst.

Zu den Interviewpartnerinnen/zur Interviewerin

Jamie Schearer-Udeh arbeitet als freie Trainerin und Beraterin. Sie ist mehrfache Co-Gründerin von selbstorganisierten Initiativen für Menschen of Color in Deutschland und Europa. Im Rahmen ihrer Arbeit schafft sie Räume für Austausch und Lernen rund um die Themen Anti-Rassismus, Intersektionalität und Empowerment von marginalisierten Gruppen.
https://jamieschearer.com
Fatima Moumouni, geboren in München, hat in Zürich Sozialanthropologie, Philosophie und Volkswirtschaft studiert. Ihre Fachgebiete sind: Spoken Word, Rap, Moderation, Texte, Workshops, u. a. zu Rassismus-Sensibilisierung. Sie schreibt Kolumnen und hat zahlreiche Preise bei Poetry-Slam-Wettbewerben bekommen.
https://fatimamoumouni.com
Anja Dargatz leitet seit 2016 das Fritz-Erler-Forum, Landesbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Baden-Württemberg. Vorher hat sie die Friedrich-Ebert-Stiftung in Bolivien und im Sudan vertreten.
Anja.Dargatz@fes.de

Hautfarben

von Fatima Moumouni

Wie ist deine Haut?

Weiss.

Weiss? Wie frischer Schnee, reines Koks, ­pasteurisierte Milch?

Vielleicht ein wenig dunkler.

So wie … Vergilbtes oder schlecht Gebleichtes?

Äh … Joah …

Also Grau? Wie ein altes Iphonekabel, die feinen ­Linien eines karierten Blatts, angeschmürzeltes Wachs? Oder mehr … Kaffeerahm?

Weniger glatt von der Textur her.

Hm. Wie Bildrauschen, Waschpulver, Kiesboden, Blumenkohl?

Ja. Vielleicht ist das schon zu grob.

Eher feinster Sandstrand, Gischt, Milchglasfenster, Ökopapier?

Sie hat auch etwas Rötliches.

Rötlich? So wie Mumps? Masern? Röteln? Sportplatz, Backstein, Glut?

Nein. Bräunlicher.

Bräunlich-Weiss? Du meinst Beige. Kork, ein Seil, eine Kordel?

Ja auch. Aber du vergisst das rötliche!

Süsskartoffel. Laub. Tontopf. Klostopfer, Schmiergelpapier.

Hmm. Auch nicht. Ich glaube, es sind verschiedene Farben gleichzeitig!

Wie Pickel? Rot, gelb, weiss. – Kruste?

Nein. Nein, kein gelb. Mehr rosa!

Dann meinst du wohl ein Schwein. Ein Nagelbett. Oder rohes Hähnchen.

Hmm. Mit dem Hähnchen können wir arbeiten.Kennst du das, wenn ein gegrilltes Hähnchen noch nicht durch ist? Das sind die Farben. Die hellbraune Haut, das weisse Fleisch, das rosa am Knochen.

Du meinst, wenn ich die Farbpalette für ein halbrohes Hähnchen hätte, könnte ich dich farbgetreu malen?

Hmm … Ich denke schon.

Hast du dich jemals gefragt welche Hautfarbe du hast?
Im Schwümbi,
Beim Bäcker,
Am Erstitag?
Hast du dich jemals gefragt welche Hautfarbe du hast?
Beim Fragen nach dem Weg in einer fremden Stadt?
Beim Jobinterview,
Bei einer Polizeikontrolle?

„Nein, aber …“, sagst du

Und erzählst mir
Vom Strand, vom Sommer, vom Urlaub, vom ­Solarium –
Da denkst du manchmal an die Farbe deiner Haut.

Glattes, blondes Haar, oder braun, vielleicht schwarz,
Auch in den Augen hast du Farbe,
Und wenn sie trieft wohl um Nase,
Ein bisschen rot an den Wangen
Und wenn Sonne, dann fangen
Sie brennende Flammen,
Bald fallen die Schuppen von der Haut.
Autsch.

Sonnenbrand muss schmerzhaft sein,
Doch ich mag die Muster, die er malt,
Krebsrot, geträumtes Braun,
Versengte Haut säumt die Brauen
Und den Haaransatz.

Das lässt mich an nen Pfirsich denken,
Und die Sonne scheint so anmutig durch ­deine hellen,
fast durchsichtigen Ohren! Wie bei Kirchenfenstern.

Aber
Hat deine Haut jemals gesagt:
„Ich vertick Gras!“
Oder „Ich sprech klick Sprache,
Putze WCs oder die Strasse“?

Hat deine Haut jemals gesagt:
„Meine Eltern haben geheiratet der Papiere wegen.“
Oder: „Ich laufe herum, das kontrolliert man eben“?

Hat man deiner Haut jemals „Stopp“ gesagt vor dem Zoll?
Hat man deiner Haut jemals erzählt: „Das Boot ist voll!“?

Hat sie jemals gesagt:

„Ich hab’ Swag, kann tanzen und auch Lieder singen!“
Spielt sie auch eine Rolle, als wär’ sie eine Schauspielerin?

Nein. Mein Hautton ist stumm.

Also du meinst, man hört oder sieht deine Haut nicht?
Nur wenn die Sonne sie verbrennt?
Das ist wie Geheimschrift mit Zitronensaft auf Papier.
Sie ist also durchsichtig. Oder du bist blind.

Hat deine Haut Amerika entdeckt
Und schminkt sich an Fasnacht als Indianer?
Denkt deine Haut, isst du dein Z’nacht nicht fertig,
an arme Afrikaner?

Hat deine Haut Angst vor
Trump, Breitbart, Blocher, Köppel, den Rechten?
Nein?
Dann hast du die Weissheit wohl mit Löffeln ­gefressen.
Oder sagen wir, sie wurde dir in die Wiege gelegt.
Ich hoff‘, fühlst dich nicht von mir
An der Borke deiner Birke gesägt.
Ich wollt’ nur, dass du’s weisst,
Deine Haut ist dir Privileg.

Du fragst mich: „Und wie ist deine?“
Ich reiche dir die Hand,
Das Stückchen Weissheit, das ich auch habe,
Und sag’ dir: „Meine, die ist hautfarben“