Praxisbeispiele der Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung
Zur Relevanz von politischer Bildung für Menschen mit Lernschwierigkeiten
Die gleichberechtigte Teilhabe an Wahlen und am politischen Diskurs ist ein wesentliches Kriterium von Demokratien. Aus ihm ergibt sich auch der Anspruch, keine soziale Gruppe systematisch von politischen Diskursen und politischer Partizipation auszuschließen. Allerdings wurden noch bis vor kurzem Menschen vom Wahlrecht exkludiert, wenn sie auf „eine gerichtlich bestellte Betreuung in allen Angelegenheiten“ (Deutscher Bundestag 2019) angewiesen waren. Erst die Einführung des „inklusiven Wahlrechts“, das durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG 2019) notwendig geworden war, änderte das. Für einen Teil der Menschen mit Lernschwierigkeiten bedeutet die Änderung am Bundeswahlgesetz und am Europawahlgesetz also eine Zäsur. Sie haben erstmalig das Recht, als Bürger*innen wählen zu dürfen – ein bedeutender rechtlicher Schritt zur gleichberechtigten Partizipation an Wahlen.
Doch wie steht es um die politische Bildung für Menschen mit Lernschwierigkeiten? Da der Terminus der geistigen Behinderung von Betroffenen zunehmend als „verletzend, diskriminierend und irreführend“ abgelehnt wird (Babilon 2018, S. 4), nutzen wir die von Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e. V. bevorzugte Bezeichnung „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ und schließen uns damit dem ersten Sammelband zur Didaktik der politischen Bildung an (vgl. Dönges et al. 2015).