Völkische SiedlerInnen und die Möglichkeiten der politischen Bildung
Der Begriff „völkische SiedlerInnen“ In diesem Artikel gendern wir mit einem Sternchen. Da jedoch die Vorstellung von Gendervielfalt in der völkischen Szene abgelehnt bzw. bekämpft wird, sehen wir davon ab, auch Völkische SiedlerInnen mit * zu gendern. Eine Geschlechtsidentität jenseits der binären Norm ist in dieser Szene ideologisch nicht vorstellbar, sodass das Gendern mit * eine falsche Offenheit bzw. Vielfalt in der Szene suggerieren würde. Hier benutzen wir daher das Binnen-I. versucht das Phänomen der ideologisch und strategisch motivierten Raumnahme durch rechtsextreme Familien oder Einzelpersonen mit rassistisch-antisemitischem Weltbild in ländlichen Räumen zu beschreiben. Der Begriff „völkische SiedlerInnen“ ist eine Fremdbezeichnung und wird von AkteurInnen, die dieser Szene zugeordnet werden, selbst abgelehnt. Die Aktivitäten der völkischen Szene können bundesweit beobachtet werden. Auch Siedlungsprojekte werden in mehreren Bundesländern vermutet, darunter vor allem in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern. Zahlen, die das Phänomen genauer fassen könnten, fehlen jedoch. Aufgrund ihrer weitreichenden Vernetzung mit anderen Teilen der extremen Rechten sowie ideologischer und strategischer Schnittmengen mit anderen Szenen wie bspw. der Anastasia-Bewegung Die Anastasia-Bewegung bezieht sich auf eine Buchreihe des russischen Autors Wladimir Megre. Megre und seine Bücher stehen aufgrund antisemitischer, antifeministischer, rassistischer und antidemokratischer Inhalte in der Kritik. Die Bewegung hat ausgehend von Russland seit einigen Jahren auch Verbreitung in Deutschland gefunden. Hieraus sind bereits einige Siedlungsprojekte entstanden., existiert bislang keine einheitliche Definition dazu, was genau „völkische SiedlerInnen“ sind.
Kernmerkmale sind jedoch eine Ideologie der Ungleichwertigkeit und der Wunsch nach Rückkehr zu einer völkisch-rassistisch organisierten Gesellschaft. Die Ansiedlung im ländlichen Raum ist ideologisch motiviert, da hierdurch Rückzugsräume geschaffen werden, in denen der rassistisch-antisemitischen Ideologie nach in eigenen Gemeinschaften gelebt werden kann. So wird in elitären Zirkeln eine völkische Utopie gezeichnet, die den eigenen Kindern und anderen Teilen der extremen Rechten ein Vorbild sein soll. Als strategisch motiviert können diese Ansiedlungen verstanden werden, da die Familien trotz ihres Bestrebens nach Abschottung oftmals versuchen, gezielt zivilgesellschaftliche Strukturen und Dorfgemeinschaften zu unterwandern, um ihre menschenfeindliche Ideologie zu verbreiten: Sie engagieren sich im ökologischen Landbau oder in pädagogischen Einrichtungen. Traditionellen Geschlechterbildern folgend, finden sich die Männer vermehrt in handwerklichen, die Frauen in pflegerischen oder erzieherischen Berufen wieder. So werden oftmals gezielt Kontakte zu anderen Anwohner*innen geknüpft. Durch diese Graswurzelarbeit und die Bereitstellung von Rückzugsräumen sowie ideologisch geschultem Nachwuchs besitzen die völkischen SiedlerInnen auch für andere AkteurInnen der extremen Rechten eine wichtige Funktion.