Die ideologischen Vordenker der sogenannten Neuen Rechten wollen einen gesellschaftlichen Rechtsruck hin zu einem autoritär-nationalistischen, rechtsextremistischen System. In seinem Buch erläutert Armin Pfahl-Traughber, wie die Neue Rechte auf rechtspopulistische Parteien einwirkt, Jugendbewegungen mit ihrer Ideologie zu durchdringen versucht und Protestformen für ihre Zwecke untergräbt. Pfahl-Traughber ist Mitherausgeber des Jahrbuchs für Extremismus- und Terrorismusforschung und lehrt an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.
Zwar stellt der Autor fest, dass die Bedeutung der Neuen Rechten nicht verharmlost, aber auch nicht dramatisiert werden sollte. Dennoch ist es für eine korrekte Einschätzung des Gefahrenpotenzials notwendig, die geistigen Vorbilder, Positionen und Strategien zu untersuchen – das tut der Autor in klar gegliederter, tiefgründiger und bestens lesbarer Weise.
Erster inhaltlicher Schwerpunkt des Buches ist der Vorbildcharakter der Konservativen Revolution der Weimarer Republik für die heutige neue Rechte. Egal ob dabei Carl Schmitt („der zentrale Klassiker“, S. 67), Oswald Spengler oder Werner Best erwähnt werden, oder auch auf Philosophen wie Friedrich Nietzsche, Wegbereiter des italienischen Faschismus, der französischen Rechten oder gar japanische Nationalisten – die heutige Neue Rechte pickt sich aus der Ideengeschichte die klaren antidemokratischen Passagen heraus, die sie benötigt, um ihre diktatorischen Ordnungsvorstellungen zu legitimieren. Pfahl-Traughber fasst zusammen: „Die erwähnten politischen Auffassungen machen in aller Deutlichkeit klar, dass in Demokratie und Menschenrechten, Parlamentarismus und Pluralismus grundsätzlich verwerfliche Vorstellungen gesehen wurden. Diese Einsicht erlaubt auch für die Gegenwart politische Rückschlüsse. Denn eine Berufung auf die Konservative Revolution kann nicht damit einhergehen, eine moderne Demokratie als politisches Ordnungsmodell zu akzeptieren.“ (S. 39)
In der Folge stellt Pfahl-Traughber anhand von neun (allesamt männlichen) Personen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Denkmustern der Neuen Rechten vor. Als gemeinsamer Boden dient das politische Gedankengut der Konservativen Revolution der Weimarer Republik. „Anknüpfend an den Widerstand ihrer geistigen Vorbilder gegen den demokratischen Verfassungsstaat der Weimarer Republik gilt es, die parlamentarische Demokratie zu überwinden und stattdessen den alten Werten – Führerwachstum, Gott, Natur, Ordnung und Volkspersönlichkeit – zu neuer Entfaltung zu verhelfen“, so beschreibt es Gero Maaß in seiner Buchbesprechung im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ein stringentes Weltbild, gar eine konkrete Vision für die angestrebte Staatsform, entsteht daraus dennoch nicht (vgl. dazu auch das Buchkapitel über aktuelle politische Positionen, S. 83 ff.). Für eine Analyse bleiben Fragmente und martialische Formulierungen, die, so Pfahl-Traughber, „über das bekundete theoretische Unvermögen hinwegtäuschen“. Das zeigt das „intellektuelle Desaster der Neuen Rechten“ (S. 68). „Es gibt eine Eindeutigkeit und Klarheit darüber, was abgelehnt wird, aber keine Eindeutigkeit und Klarheit darüber, was man stattdessen will.“ (S. 153) Beruhigend ist dies keineswegs, wie Pfahl-Traughber in Kapiteln über Organisationsformen, aktuelle politische Positionen und Strategien zur politischen Wirkmächtigkeit der Neuen Rechten beschreibt. Die Neue Rechte bleibe zwar ein „fluides Phänomen“ (S. 81), erweitert aber durch Publikationen wie die Junge Freiheit oder die Aktivitäten des Instituts für Staatspolitik ihren Einfluss. „So lösen sich auch die Grenzen, die eigentlich zwischen Demokraten und Extremisten bestehen sollten, auf.“ (S. 81)