Außerschulische Bildung 3/2021

Hendrik Hansen/Tim Kraski/Verena Vortisch (Hrsg.): Erinnerungskultur in Mittel- und Osteuropa

Die Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Kommunismus im Vergleich

Der 22. Juni 2021 markiert den 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Der Zweite Weltkrieg erhielt damit noch einmal eine neue Dimension. Im Gefolge der Deutschen Wehrmacht trieben die Einsatzgruppen die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten mit schrecklicher Systematik voran.

Der Holocaust ist ein singuläres Menschheitsverbrechen. Aber taugt er auch als „europäischer Gedenkort“, von dem aus man eine gemeinsame Erinnerungskultur begründen kann? Wie steht es um die ebenfalls schrecklichen Erfahrungen der zwangsweise in die Sowjetunion integrierten Balten, um die Menschen, die durch schiere Machtpolitik in den „Ostblock“ eingezwängt wurden, die in den sowjetischen Gulags landeten?

Dieses sind zwei von zahlreichen Fragen, die der o. g. Band aufgreift. Das Buch besteht aus drei Teilen und enthält (einschließlich der Einleitung) zehn einzelne Beiträge verschiedener Autoren.

Hendrik Hansen geht zu Beginn auf eine Frage ein, deren Beantwortung auch die Relevanz erklärt, die das Buch für die politische Bildung hat. Erinnerungskultur kann sich nicht auf das Gedenken an die Opfer beschränken, sondern ist – neben der Empathie für die Geschundenen und Ermordeten – für die Gestaltung unserer Gesellschaft und politischen Ordnung heute von großer Bedeutung: „Erinnerungskultur ist das geistige Ringen mit dem zur Macht gekommenen Extremismus in der Vergangenheit, und dieses Ringen ermöglicht die Auseinandersetzung mit dem Extremismus der Gegenwart.“ (S. 37)