Außerschulische Bildung 1/2021

Jakob Benecke: Außerschulische Jugendorganisation

Eine sozialisationstheoretische und bildungshistorische Analyse

Zunächst taucht im Titel eine, dem fachkundigen Leser etwas ungewohnte Begrifflichkeit auf: außerschulisch einerseits und Jugendorganisation andererseits. „Außerschulisch“ als bekannter Begriff, assoziiert eher Jugendbildung, während der Begriffsteil „Jugendorganisation“ eher ungebräuchlich ist und meist mit Jugendverbänden in Verbindung gebracht wird. Ich komme später darauf zurück.

Bei diesem recht umfangreichen Buch handelt es sich um die bearbeitete Habilitationsschrift von Jakob Benecke, vorgelegt 2018 an der Universität Augsburg bei Professorin Dr. Eva Matthes. Um es vornweg zu sagen: Nicht nur der Text selbst, sondern schon alleine die Fundgrube von Anmerkungen und das umfangreiche Literaturverzeichnis lohnen das Lesen des Buches. Durch die Anlage eines Stichwortverzeichnisses hätte das Buch einen noch höheren Gebrauchswert.

Als langjährig in der Jugendarbeit Tätiger weiß ich um die Geschichtsvergessenheit dieser Disziplin – umso wertvoller ist diese Arbeit, die sich als historische Längsschnittstudie versteht und somit der hektischen Konzeptionitis und Projektitis ein fundiertes Grundlagenwissen zur Seite stellt.

Zunächst werden Jugendorganisationen im Sozialisationskontext verortet als intermediäres System, das sowohl der Interessensvertretung dient als auch als Integrationsinstanz und Kontrolle durch staatlich beaufsichtigte Bildungsleistungen. Schon hier wird die Dichotomie von Jugendorganisationen angelegt: Ihre Entwicklung kann sowohl selbstbestimmt verlaufen als auch komplett unter staatliche Aufsicht gestellt sein, wie der Autor ausführlich an den Beispielen der Hitlerjugend (HJ) und der Freien Deutschen Jugend (FDJ) nachzeichnet. Mehr als einmal in der Geschichte wurden selbstorganisierte Jugendbewegungen von politischen Akteuren manipuliert, kolonisiert und schließlich in Dienst gestellt.