Außerschulische Bildung 1/2023

Jan-Hinrik Schmidt: Zwischen Partizipationsversprechen und Algorithmenmacht

Wie soziale Medien politisches Handeln prägen

„Zwischen Partizipationsversprechen und Algorithmenmmacht“ ist ein um Verständlichkeit wie um analytische Schärfe bemühter Einstieg in die Frage, wie Politiker*innen soziale Medien nutzen und soziale Medien Politik und den gesellschaftspolitischen Diskurs beeinflussen. Der Inhalt der 88-seitigen Broschüre ist von einer realistischen und post-digitalen Grundhaltung geprägt, obwohl der Autor, Forscher am Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung/Hans-Bredow-Institut, diesen Begriff selbst nicht benutzt. Denn dies ist keine um Effektmalerei und die Schilderung von allerlei Neuem und Grenzüberschreitendem bemühte Digitalprosa. Schmidt nimmt selbstverständlich an, dass wir schon längst nicht mehr Zuschauer*innen der digitalen Transformation sind, sondern Dauerbewohner*innen einer digital-analog verwobenen Lebenswelt.

Zunächst zeichnet der Autor nach, wie die politische Kommunikation sich in den letzten Jahren verändert hat. Diese ist verschränkt mit den sich verändernden Mediengewohnheiten in der Bevölkerung. Einerseits sollte man den Dauertrend Social Media zur Informationsbeschaffung zur Kenntnis nehmen, jedoch auch nicht das Fernsehen und traditionelle Medien mit ihrer insgesamt nach wie vor großen Reichweite unterschätzen.

Geändert hat sich die Medienlogik, die Art und Weise, wie Medien Nachrichten auswählen, verbreiten und gewichten. Denn soziale Medien sind keine Inhalteersteller, sondern Plattformen. Gleichzeitig sind diese Plattformen nicht neutral, sondern üben Einfluss aus, bei der „Ent- und Neubündelung“ von Informationen (S. 35), oft individualisiert, somit algorithmisch kuratiert und ständig aktualisiert. Kommunikation wird responsiv: Frühere Nur-Leser*innen sind nun Konsument*innen (lesend, suchend) und Produzent*innen (teilend, kommentierend, selbst Inhalte erstellend, Metadaten-Produzent*innen). Statt nun Hate, Fake, Echokammern zu evozieren und es dabei zu belassen, setzt sich Schmidt kritisch mit den Begriffen auseinander.

Im Weiteren geht es darum, wie soziale Medien das politische Engagement selbst verändern. Social Media unterstützt die Positionierung, vereinfacht das öffentliche Engagement und hilft, Andere zu aktivieren. Im „kollektiven Handeln“ sieht der Autor eine neue Qualität der digital unterstützten oder ermöglichten Selbstorganisation von Bürger*innen. Digitalität ist dabei Mittel zum Zweck, der Hauptfokus ist die reale politische Veränderung, organisiert von realen Menschen die nicht alleine im Netzaktivismus, sondern in ganz realen Demonstrationen oder Treffen sichtbar wird.