Außerschulische Bildung 2/2023

Joachim Faulde: Bildungspotenziale der Kinder- und Jugendarbeit

Ein Leitfaden für Studium und Praxis sozialer Berufe

Kinder und Jugendliche waren von der Corona-Pandemie und den darauffolgenden staatlichen Eindämmungs-Maßnahmen in besonderer Weise betroffen. Christoph Butterwegge hat zuletzt in seiner Studie „Die polarisierende Pandemie“ (2022) über Deutschland „nach Corona“ auf die gesellschaftlichen Verwerfungen aufmerksam gemacht. Die „Coronakrise“ habe „das Phänomen der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ungleichheit nicht hervorgebracht“, aber wie ein „Spaltpilz lange verschüttete Klassenstrukturen der Gesellschaft offen“ gelegt und speziell die Lebensbedingungen junger Menschen unter Druck gesetzt; man müsse im Grunde von einer „Generation Corona“ und einer neuen „Generationenkrise“ sprechen.

Auch die Zeitschrift „Außerschulische Bildung“ hatte in ihrer Ausgabe Nr. 3/2021 die „Verstärkung von Ungleichheiten“, die sich seit den Pandemiejahren 2020/21 deutlich abzeichnete, thematisiert. Dabei gehe es, wie das Editorial betonte, besonders um die Lage von Kindern und Jugendlichen „und um die Räume, die sich für diese Gruppe massiv verengt haben – auch die Räume politischer Bildung“. Genau auf diesen Bereich, auf die problematischen Bedingungen für Sozialisation und Bildung heute und auf die Potenziale, die hier zu erschließen wären, richtet sich die Publikation von Joachim Faulde, der als Hochschullehrer für Soziale Arbeit tätig war.

Faulde fasst die genannten aktuellen Problemverschärfungen in seinem Ausblick zusammen. Er hält zu den Konsequenzen für die Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen fest: „Das Zusammensein mit Gleichaltrigen wurde (…) durch die Corona-Maßnahmen weitreichend eingeschränkt, obwohl es gerade in der Kindheit und Jugendphase für den Aufbau einer eigenständigen Ich-Identität von elementarer Bedeutung ist.“ (S. 123) In den Ausführungen werden die Defizite der Bildungs- und Sozialarbeit erkennbar. Wie auch andere Studien gezeigt haben, sind unterstützende und kompensatorische Maßnahmen gerade da, als sie am stärksten gebraucht wurden, vernachlässigt worden. Butterwegge spricht sogar davon, dass die Soziale Arbeit „als Profession regelrecht in eine Sinnkrise“ geraten sei.

Fauldes Leitfaden, der in einem Aufriss von 20 Kapiteln das ganze Feld der Kinder- und Jugendarbeit vermisst, spitzt das in dieser Weise nicht zu, nimmt auch die aktuelle Problemlage nur kurz ins Visier. Bei ihm wird aber deutlich, dass die genannte Vernachlässigung strukturelle Ursachen hat; dass es sich also nicht um ein Problem handelt, das sich einer speziellen, ganz neuartigen und unvorhersehbaren Krisenlage verdanken würde. In der Lebenswelt Jugendlicher zeige sich vielmehr seit den letzten Jahrzehnten grundsätzlich eine „Verdichtung der familiären und gesellschaftlichen Probleme“ (S. 9). Schulische Bildung – der Trend zur Ganztagsschule, der schulische Leistungsdruck, der Zuwachs an schulischen Aufgaben … – würde mit einer neuen Dominanz das Leben der jungen Generation bestimmen.