Außerschulische Bildung 1/2024

Martha Friedenthal-Haase: Fritz Borinski und die Bildung zur Demokratie

Ein Leben zwischen Pädagogik und Politik

„Der Aufbau unserer Demokratie ist undenkbar ohne eine starke, freie, demokratische Erwachsenenbildung.“ Dieser Satz von Fritz Borinski (1903–1988) ist heute so aktuell wie damals, als er 1951 geschrieben wurde. Gleichzeitig wird mit dieser Äußerung deutlich, worauf Borinskis Leben und seine Arbeit hinzielten: auf eine Bildung zur Demokratie.

Damit ist der Titel dieser wahrlich monumentalen Biografie von Martha Friedenthal-Haase, emeritierte Professorin für Erwachsenenbildung in Jena und Gastprofessorin an der Boston University, trefflich gewählt.

Fritz Borinskis Leben spiegelt die Entwicklungen und Verwerfungen seiner Zeit wider. Dadurch geprägt ist sein aktiver Einsatz für Demokratie durch Bildung zu verstehen. Geboren in Berlin, entstammte er einer jüdischen, zum Protestantismus konvertierten Familie. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften, Soziologie und Geschichte und dem bestandenen Ersten juristischen Examen engagierte er sich im Leuchtenburgkreis, bei dem es in der fragilen Weimarer Republik um die „Verantwortung für die jungen Demokratie“ (S. 35) ging, und in der Arbeiterbildung. 1927 promovierte Borinski, im Oktober 1929 bekam er seine erste feste Anstellung in einem Leipziger Volkshochschulheim, von da wechselte er zur Heimvolkshochschule „Schloß Sachsenburg“, eine „undogmatische Bildungsstätte von entschieden prodemokratischer Ausrichtung“ (S. 60). Im Oktober 1931 übernahm Borinski die Leitung des „Seminars für Freies Volksbildungswesen“ der Universitär Leipzig. Doch am 26. Juli 1933 kam eine Anweisung des Ministeriums für Volksbildungswesen, Borinskis planmäßige Anstellung wegen „nichtarischer Abstammung“ aufzukündigen (S. 80). Ein halbes Jahr später verließ Borinski Deutschland und suchte Asyl in England. Die Exilzeit dauerte 13 Jahre, dabei lebte Borinski, wie er schrieb, „nahe dem Existenzminimum“, konnte jedoch ab und zu gegen Honorar Artikel in der „Neuen Zürcher Zeitung“ veröffentlichen. 1939 wurde er vorübergehend in ein australisches Internierungslager verbracht, wo er eine Lagerschule für jugendliche Mithäftlinge leitete. In diesem Jahr endete auch sein Studium an der renommierten „London School of Economics and Political Science“, das er 1934 begonnen hatte.

Im Jahr 1942 gründete Borinski zusammen mit Briten und anderen Deutschen eine gemeinnützige, nichtstaatliche Organisation, die GER (German Educational Reconstruction). Ihr Ziel war es, deutsche Emigranten auf den kulturellen Wiederaufbau in Deutschland vorzubereiten. Im selben Jahr wurde ihm von den Nazis der Doktortitel entzogen, schon vorher wurden ihm die Staatsbürgerrechte aberkannt.