Außerschulische Bildung 3/2022

Parag Khanna: Move

Das Zeitalter der Migration

Der in Kanpur (Indien) geborene Politikwissenschaftler Parag Khanna arbeitete u. a. als außenpolitischer Berater der Präsidentschaftskampagne von Barack Obama und schreibt in US-amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften. Er lebt zurzeit in Singapur. In „Move“ bietet er Szenarien in Folge einer Erwärmung des Planeten Erde um 4 Grad Celsius.

Eindrucksvoll ist die doppelseitige Karte: „Die meisten Gletscher der Himalaya-Region sind geschmolzen, mit Folgen für die vielen großen Ströme. Bangladesch ist weitgehend verlassen, auch der Süden Indiens, Pakistan und Afghanistan, isolierte Gemeinschaften halten sich in Nischen.“ Ähnliches geschieht in Afrika, in Südchina, in Südeuropa, im Südwesten der USA, in der Amazonas-Region. Dichte Hochhausstädte in Skandinavien, Großbritannien, Nordrussland, Grönland, Neuseeland und der westlichen Antarktis haben Menschen aufgenommen, die ihre unbewohnbar gewordenen Länder verlassen mussten. Polynesien liegt unter dem Meeresspiegel. Kanada und Sibirien werden zu fruchtbaren Agrarregionen, rund um das Mittelmeer und im Norden der Karibik entstehen riesige Solarparks zur Energieerzeugung (S. 244 f.). „Kanada wird sich zu einem der Hauptgewinner des Klimawandels entwickeln (soweit man hier überhaupt von ‚Gewinnern‘ sprechen kann), während Australien einer der Verlierer sein wird.“ (S. 286)

Parag Khanna verfolgt seine Szenarien in 15 Kapiteln. Er beginnt mit der These „Mobilität ist Schicksal“ und endet mit der Vision einer „Zivilisation 3.0“. „Die Städte werden physisch und politisch modernisiert werden müssen, um den Bedürfnissen der Jugend gerecht zu werden: erschwinglicher Wohnraum, günstiger Nahverkehr, begrünte Bereiche und ein liberaler Lebensstil.“ (S. 382) Die Zukunft, das wären „Mehrfamiliengemeinschaften“ (S. 383), eine Welt „des digitalen Kommunitarismus“ (S. 384). Es könnte gelingen, die Menschen, die ihre Länder wegen der unerträglich gewordenen klimatischen Bedingungen verlassen müssen, zu ernähren und ihnen Wohnraum zu geben. Entscheiden werden die Aufnahmestaaten, von denen viele zumindest zunächst nicht die Chance erkennen werden, wie sie von Migranten profitieren können.

Die Staaten müssen ihre „massiven demographischen Ungleichgewichte in den Griff (…) bekommen“ (S. 306). China ist ein Land, das dringend „mehr Menschen“ braucht, „und zwar schnell“. Dies hängt mit der Überalterung in Folge der lange geltenden Ein-Kind-Politik zusammen, Altenpflege wird bereits jetzt ein zentraler Sektor. China regelt diesen Bedarf mit einem „massiven Import von Frauen“ aus Nachbarstaaten, auch als Bräute. „Ob sie nun eigene Kinder haben werden oder nicht, ihre Hauptaufgabe wird es sein, sich um die Eltern des Gatten zu kümmern.“ (S. 305)