Außerschulische Bildung 1/2020

Thomas Knaus/Dorothee M. Meister/Kristin Narr (Hrsg.): Futurelab Medienpädagogik

Qualitätsentwicklung – Professionalisierung – Standards

Schriftenreihe: Schriften zur Medienpädagogik, Bd. 54
München 2018
kopaed Verlag, 250 Seiten
 von Ronja Inhoff

Der Band „Futurelab Medienpädagogik“ ist das Resultat des 34. Forums Kommunikationskultur im November 2017 in Frankfurt am Main. Dorthin luden der Dach- und Fachverband der deutschsprachigen Medienpädagogik und die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur zur Diskussion über „Standards zur Orientierung und Reflexion“ (S. 9) in der Medienpädagogik ein. Anlass der Tagung war die Beobachtung, dass Mediatisierung und Digitalisierung in jeden Lebensbereich vordringen und dabei Überforderungen hinterlassen. Gesellschaftlich und interdisziplinär steigen die Erwartungen an die medienpädagogische Praxis daher enorm an. „Die“ Medienpädagogik versucht den Erwartungen gerecht zu werden, muss aber gleichzeitig Ansätze finden, damit die Professionalisierung nicht konzeptlos verläuft, wozu die Herausgebenden einen Beitrag leisten wollen.

Im Sammelband finden sich 16 Artikel, aufgeteilt auf drei Kapitel: 1. Konzeptionelle Zugänge, 2. Zugänge zur Handlungspraxis und 3. International Contributions. Mit dem Buch soll eine Bandbreite an medienpädagogischen Berufs- und Tätigkeitsfeldern angesprochen werden, was sich in der vielfältigen Auswahl an Verfasser*innen der Artikel zeigt. Für die Rezension habe ich mich auf die Beiträge konzentriert, die meiner Tätigkeit in der Jugendbildung entsprechend Sinn machen.

Das erste Kapitel leiten die Herausgebenden durch „14 Thesen aus medienpädagogischer Sicht“ ein. Die Thesen bieten einen Überblick über das Themenfeld und einen ersten Ansatz zur IST-Stand-Analyse.

Im Beitrag „Under Digital Fire“ spricht sich Horst Niesyto für eine Medienpädagogik aus, die einen „aktiv-produktiven, kritischen und sozial-verantwortlichen Umgang mit Medien“ (S. 59) fördert. Er führt aus, dass der „digitale“ Kapitalismus als übergreifende Herausforderung für pädagogische Handlungsfelder angesehen werden muss. Medienbildung muss einen herrschaftskritischen Diskurs anregen, um so Menschen darin zu stärken, Druck auf Politik und Internetwirtschaft auszuüben. Eine ähnliche Richtung schlagen Harald Gapski, Monika Oberle und Walter Staufer mit ihrem Artikel „Medienkompetenz als Demokratiekompetenz“ ein. In diesem stellen sie fest, dass Mediatisierung neue Handlungsräume zur Partizipation oder zur Teilumsetzung von Inklusion eröffne, jedoch sich auch neue Anforderungen an die Nutzer*innen ergeben, aus denen sich wiederrum ein politischer Handlungsbedarf und auch ein Auftrag an Politik ableiten lassen.

Andreas Büsch untersucht im Artikel „Neue Werte braucht das Land?!“, warum Wertebildung und Haltungen für medienpädagogische Konzepte unumgänglich sind. Nach Büsch braucht es „ein neues Wertebewusstsein, das die „‚analogen‘ Werte auf Digitalisierung hin und in der Kommunikation durch und über digitale Medien neu übersetzt und anwendet“ (S. 90). Der Pädagogik empfiehlt Büsch eine kritische medienoptimistische Haltung einzunehmen, statt Medienbildung laisse faire oder kulturpessimistisch anzugehen, da das Unterlassen sogar kontraproduktiv wäre.

Im Artikel „Wie verändert die zunehmende Zusammenarbeit mit Schule die außerschulische Medienpädagogik?“ (2. Kapitel) wollen Guido Bröckling und Niels Brüggen aufzeigen, was durch die Zusammenarbeit zwischen den Akteur*innen möglich ist. Grundlage bilden die rezipierten Ergebnisse der Studie „Bildungspartnerschaften zwischen Schule und außerschulischen Akteuren der Medienbildung“, in der es um Konstellationen, Rollenverteilung, Herausforderungen und Wünsche an die Zusammenarbeit geht. In dem Artikel wird bestätigt, was schon vielen politischen Bildner*innen vorher klar war: Schule kann von außerschulischer Bildung profitieren, für die Zusammenarbeit sind jedoch unterstützende Strukturen notwendig.

Im dritten Kapitel „International Contributions“ wird die internationale Dimension des Titelthemas sinnvollerweise einbezogen. Einziger wirklicher internationaler Beitrag ist allerdings der von Rene Hobbs. Sie verweist in „How Digital Media Alter Concepts of Authority and Expertise“ in Zeiten von absichtlicher Desinformation auf die Notwendigkeit des Anspruchs, Menschen zum kritischen und analytischen Denken zu befähigen. Das Thesenpapier findet sich hier in englischer Übersetzung wieder und auch Ida Göttingers Plädoyer für einen internationalen Austausch, der auch in Kapitel 2 erschien, wurde für die internationale Diskussion übersetzt.

Pädagog*innen werden wahrscheinlich immer mehr als einen Artikel in diesem Band als bereichernd empfinden. Allein das erste Kapitel ist eine gute Grundlage zur Reflexion der eigenen medienpädagogischen Ansätze und Standards. Ein wichtiger gemeinsamer Nenner im Sammelband ist, dass die Medienpädagogik kritisch-reflexiv arbeiten und „bilden“ muss, um einer ökonomisch-funktionalen Kompetenzvermittlung des digitalisierten Kapitalismus nicht ungewollt zu folgen.