Außerschulische Bildung 1/2022

Ursula Münch/Andreas Kalina (Hrsg.): Demokratie im 21. Jahrhundert

Theorien, Befunde, Perspektiven

Der vorliegende Sammelband bietet eine profunde Diskussion demokratischer Prozesse. Ausgehend von der Frage nach einer Krise der Demokratie diskutieren die Autor*innen die Parteien- und Mediendemokratie sowie die Chancen und Risiken plebiszitärer Elemente. Dabei bilden die Auswirkungen der Digitalisierung und die Frage nach der demokratischen Legitimation Europas zwei Schwerpunkte. Der Band schließt mit einem Ausblick auf die sogenannte Postdemokratie und einem praktischen Bezug zur politischen Bildung.

Im Einzelnen: Der Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht die gegenwärtige Demokratie in der Krise. Dies bezieht er sowohl auf die Demokratie als Herrschaftsform als auch auf ein wertegebundenes Konzept. Die Bürger*innen hätten ein gespaltenes Verhältnis zu ihren Vertreter*innen und die Werte einer pluralistischen Gesellschaft seien keine Selbstverständlichkeit mehr. Insbesondere der Populismus sei eine Schwachstelle der Demokratie. Einen Ausweg aus der demokratischen Krise sieht er nicht in Plebisziten, da sie zu Autoritarismus führten, weil sich die Stärkeren durchsetzen.

Gegenüber Vorländer fordert Rainer-Olaf Schultze mehr politische Beteiligungen der Bürger*innen, denn durch den gesellschaftlichen Wandel müssten die Formen der Demokratie vielfältiger werden. Die demokratische Entwicklung sollte sowohl durch Wahlen und Abstimmungen, als auch durch einen gestärkten zivilgesellschaftlichen Einfluss durch direkt-demokratische Aktionen in Institutionen wie Parteien, Verbänden, Bürgerinitiativen vorangetrieben werden. Unter den Voraussetzungen von Gewaltenteilung, Gewaltfreiheit und Pluralismus sieht Schultze keine Gefahr für die Demokratie durch ein Übermaß der Beteiligung der Bürger*innen.

Vonseiten der Herausgeber*innen erörtert Ursula Münch den Einfluss der Digitalisierung auf Politik und Gesellschaft. Der Staat sei mittlerweile überfordert, da er beim Tempo der Digitalisierung nicht mehr mithalten könne. Dabei macht sie deutlich, dass die Digitalisierung als Gegenstand der Politikwissenschaft sich auf Formen, Inhalte und Prozesse der Demokratie bezieht. Münch sieht einen wachsenden Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnik auf die Meinungs- und Willensbildung. Digitalisierung verändere den öffentlichen Diskurs im Netz und führe zu einer anderen Aufmerksamkeit. Möglichweise entstehe durch die Digitalisierung eine fünfte Gewalt in der Gesellschaft, so ihre Prognose oder gar Befürchtung. Politische Bildung benötige digitale Bildung, d. h. auch das Verstehen der Algorithmen.