Außerschulische Bildung 1/2020

Die Bedeutung der Stiftung Deutsche Jugendmarke e. V. für die Kinder- und Jugendhilfe

Interview mit Thomas Thomer, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Jugendmarke e. V. und Ministerialdirigent im BMFSFJ

Die Stiftung Deutsche Jugendmarke ist ein wichtiger Partner der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Sie fördert die Praxis und unterstützt wissenschaftliche Forschungsvorhaben. Was ist ihr dabei besonders wichtig? Was sind ihre Ziele und Hauptanliegen?

Unser Anspruch ist es Vorhaben zu fördern, die Kinder- und Jugendliche in ihrer Lebenswelt ansprechen und weiterbringen. Pädagogische Angebote, die sie unterstützen, stärken und zur Übernahme von Verantwortung inspirieren. Nicht zuletzt liegt in absehbarer Zeit die Verantwortung für politische, technologische, ökologische und ökonomische Entwicklungen in ihren Händen.

Als Förderorganisation im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe lenkt die Stiftung Deutsche Jugendmarke ihre Aufmerksamkeit auf Entwicklungsmöglichkeiten. Sie unterstützt wissenschaftliche Forschungsvorhaben und innovative Projekte mit Zuschüssen sowie Baumaßahmen an außerschulischen Bildungseinrichtungen mit zinslosen Darlehen. Beantragt werden können jeweils Fehlbedarfe bis zur Höhe von 200.000 Euro. Von Seiten der Träger sind jeweils Eigenmittel und -leistungen in angemessener Höhe einzubringen.

Unterstützt werden freie und öffentliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe, die frische Ideen umsetzen, neue wissenschaftliche Forschungsfelder betreten oder Baumaßnahmen mit bundesweiter Austrahlungskraft voranbringen. Über www.jugendmarke.de sind weitere Informationen und die Förderrichtlinien einsehbar.

Die Stiftung hat im Jahr 2015 ihr 50jähriges Jubiläum gefeiert. Die Kinder- und Jugendhilfe hat sich in dieser Zeit enorm ausdifferenziert und professionalisiert. Wie hat sich die Stiftung und ihre Arbeit in diesen Jahren verändert?

Die Akteure der Kinder- und Jugendhilfe bilden ein pluralistisches Spektrum ab, dessen facettenreiche Handlungsfelder sich in der konkreten pädagogischen Arbeit und auf der theoretischen Ebene stetig weiterentwickeln. Gesellschaftliche Veränderungen prägen die Praxis und spiegeln sich zugleich in ihr.

Seit der Gründung im Jahr 1965 ermöglicht die Stiftung Deutsche Jugendmarke die Umsetzung neuer Ansätze mit Ausstrahlungskraft auf die Wissenschaft und Praxis. Dabei kann es zum Beispiel in der politischen Bildung um die Entwicklung neuer Veranstaltungsformen, im kulturellen Bereich um die Vernetzung gemeinnütziger Akteure vor Ort oder den Aufbau einer Organisation für muslimische Pfadfinder*innen im Bereich der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit gehen.

Ein kooperatives Selbstverständnis und unbürokratisches Handeln prägen die Aktivitäten der Stiftung Deutsche Jugendmarke. Angebote, die neue Wege in der Kinder- und Jugendhilfe im Fokus haben oder bundesweit bedeutsam sind, finden bei ihr ohnehin seit jeher interessierte Ansprechpartner. Als kleine Organisation hat die Stiftung die Zielstellung, agil zu unterstützen. Dabei steht die Ausrichtung an den Entwicklungen in den Handlungsfeldern und an den Bedürfnissen der Praxis im Mittelpunkt.

Welche Bedeutung hat die Stiftung aus Ihrer Sicht heute für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland?

Angesichts knapper Kassen in den Kommunen und den Ländern fehlen oft Mittel für die Entwicklung innovativer Projekte und die Erforschung praxisrelevanter Fragestellungen. Auch bei Bauvorhaben ist die Aufbringung von Eigenmitteln häufig eine große Herausforderung.

Durch die Stiftung wurden bislang rund 230 Millionen Euro für Projekte, Forschung und die Bauförderung ausgezahlt. Seit der ersten Fördersitzung beruhen die Vergabeentscheidungen auf der Expertise der Mitglieder. Es sind Praktiker*innen aus allen Feldern der bundesweiten Kinder- und Jugendhilfe, die gemeinsam über den Einsatz der Fördermittel beraten. Sie haben das Wissen und die Erfahrungen die nötig sind, um aktuelle Themen voranzubringen, und sie haben immer die Praxisrelevanz der Vorhaben im Fokus. So stellt sich die Stiftung Deutsche Jugendmarke fachlich versiert in den Dienst der Projekte und Forschungsvorhaben, gibt dabei aber weder Themen noch Praxisfelder vor.

Und was den Neu-, Aus- oder Umbau von Einrichtungen der bundesweiten außerschulischen Bildung oder der Jugendverbandsarbeit anbelangt, ist die Stiftung Deutsche Jugendmarke eine von sehr wenigen Förderinstitutionen, die in diesem Bereich unterstützen kann.

Wo liegen die aktuellen Schwerpunkte der Förderung?

Da es immer darum geht, Entwicklungen zu fördern, neue Lösungen und gute Ideen zu unterstützen, ist das Förderspektrum der Stiftung Deutsche Jugendmarke breit gefächert.

Im Jahr 2019 sind wieder Gelder für sehr unterschiedliche Vorhaben durch die Mitgliederversammlung bewilligt worden. Themen sind unter anderem die vernetzte Prävention sexueller Grenzverletzungen unter Jugendlichen, Fragen der digitalisierten Gesellschaft und die Forschung zum Bereich Vormundschaften. Darüber hinaus wurde die Ausstattung eines Medienzentrums beschlossen, in dem handwerkliche Methoden mit künstlerischen Verfahren und konkretem und kreativem Umgang mit digitalen Medien kombiniert werden.

So unterschiedlich die einzelnen Förderungen sind – immer steht das Anliegen dahinter, jungen Menschen positive Erfahrungen zu ermöglichen. Wir wünschen uns, dass die Entwicklung von allgemeinen und sozialen Kompetenzen und das Erleben von Eigenverantwortung Kindern und Jugendlichen Lust auf eine mündige und beherzte gesellschaftliche Teilhabe machen.

Die Stiftung tut viel für die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Wenn Sie jetzt umgekehrt einen Wunsch an die Träger richten könnten, welcher wäre das?

Wir freuen uns, wenn die Idee der Briefmarkenserie FÜR DIE JUGEND „Gutes tun – mit Jugendmarken helfen“ in die Welt getragen und bei der Versendung von privater oder geschäftlicher Post zur Geltung kommt. Der Erlös der vom Bundesminister der Finanzen herausgegebenen und von der Deutschen Post vertriebenen Plusmarken mit dem Zuschlagserlös geht ja direkt an die Stiftung Deutsche Jugendmarke und mündet unmittelbar in der Kinder- und Jugendhilfe.

Attraktive und abwechslungsreiche Briefmarkenmotive sind uns wichtig. Wir freuen uns zudem, wenn es uns gelingt über rein ästhtische Aspekte hinaus zu wirken. Unsere aktuelle Serie mit den Fledermausmotiven hat klare Bezüge zum Umweltschutz und die im August 2020 erscheinenden Briefmarken mit Feuerwehrfahrzeugen nehmen den roten Faden zum freiwilligen gesellschaftlichen Engagement auf. Dies hat nicht nur für die ehrenamtliche Jugendfeuerwehr Bedeutung, sondern für viele andere Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe. Jede/r Käufer*in von Jugendmarken unterstützt daher in mehrfacher Hinsicht echte Impulsgeber.

Nach dem Ausgabetermin im Sommer sind die Marken jeweils für drei Monate in allen Postfilialen verfügbar, darüber hinaus im Onlineshop der Stiftung Deutsche Jugendmarke und in der Philatelie-Filiale der Deutschen Post AG in Weiden.

Zudem freuen wir uns immer über qualifizierte Projektanträge und möchten Träger ermutigen, ihre Projektideen vorzustellen, um gemeinsam mit uns die Chancen auf eine Förderung auszuloten.

Zum Interviewpartner

Thomas Thomer ist als ständiger Vertreter der Bundesjugendministerin Amtierender Vorsitzender der Stiftung Deutsche Jugendmarke. Der Jurist und Kenner der Kinder- und Jugendhilfe zeichnet sich über seine jugendpolitische Fachexpertise hinaus durch seine jahrzehntelange Leidenschaft für die Philatelie aus. Bei der Stiftung bringt er somit zwei Themen voran, die ihm am Herzen liegen.
info@jugendmarke.de