Außerschulische Bildung 2/2024

Transformatives Empowersharing

Empowerment und Powersharing als machtkritisches ethisch-politisches Handeln in sozialer und ökologisch-planetarischer Verantwortung

In diesem Beitrag wird transformatives Empowersharing als ein machtkritischer, ethisch-politischer Handlungsansatz vorgestellt, der sich kritisch mit dem Anthropozentrismus auseinandersetzt. Er regt an, die Verantwortung und Verwirklichung von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit als transformative Praxis nicht nur inklusiv human-sozial, sondern in ganzheitlicher Resonanz auch ökologisch-planetarisch zusammenzudenken und zu leben. von Halil Can

Die soziale Realität menschlicher Ordnungen ist von Ungleichheits- und Diskriminierungsverhältnissen geprägt. Diese manifestieren sich in ihren verschiedensten Formen (z. B. Klassismus, Sexismus, Rassismus), Facetten (Intersektionalität) und Dimensionen (z. B. individuell-gesellschaftlich, institutionell-strukturell, national-global, zeitlich-historisch). Ungleichheit und Diskriminierung, verstanden als eine soziale Konstruktion von Machtungleichheit zwischen Menschen(gruppen), kann somit individuell-kollektiv aus einer politischen Haltung und Handlung der machtkritischen Reflexion von und Intervention in Machtungleichheits- und Diskriminierungsverhältnisse transformiert werden.

Als ein machtkritischer ethisch-politischer Handlungsansatz soll in diesem Zusammenhang das transformative Empowersharing vorgestellt werden, das sich aus dem ganzheitlichen Zusammendenken der komplementären Handlungsansätze Empowerment und Powersharing zusammensetzt (vgl. zu diesem Konzept Can 2023 und die dort genannten Verweise). Dabei ist das individuell-kollektive Handeln im Sinne der beiden Ansätze entgegen der sozialen Verhältnisse von Machtdifferenz und intersektionalen Diskriminierungen auf die Schaffung von Machtbalancen und damit Gleichheitsverhältnissen ausgerichtet. Während hierbei beim machtkritischen Empowerment der Blick auf der individuell-kollektiven Selbstbemächtigung und Stärkung von Machtarmen in marginalisierter und diskriminierter Position liegt, richtet sich beim machtkritischen Powersharing der Blick auf Machtreiche in privilegierter Position, um individuell-kollektiv nicht-paternalistisch Macht(umver)teilung zu praktizieren.

„Power“ bzw. „Macht“ wird im Zusammenhang mit dem Empowersharing-Konzept zunächst einmal wertneutral verstanden „als Potenzialität des individuellen und sozial-interaktiven Handeln- und Wirken-Könnens auf das Selbst und die (Mit-) und (Um-)Welt bzw. das Da-Sein, abhängig von den Möglichkeiten des Verfügens und der Aneignung von und des Zugangs zu Kapitalien“ (ebd., S. 361). Entgegen dem dualistischen und polarisierenden Verständnis von Mächtigkeit und Machtlosigkeit wird hier von der Prämisse ausgegangen, dass Personen bzw. Gruppen erst einmal grundsätzlich über (Handlungs-)Macht verfügen, d. h. jeder Mensch in irgendeiner Weise (handlungs-)mächtig ist, also über Ressourcen bzw. Kapitalien (ökonomische, soziale, kulturelle, symbolische …) verfügt, um auf das Leben und Dasein aktiv zu wirken und Veränderung zu bewirken (vgl. ebd.). Jedoch ist dieses Handeln- und Wirken-Können aufgrund bestehender und konstruierter Ungleichheit in den Macht- bzw. Kapitalienpotenzialen individuell-kollektiv unterschiedlich ausgeprägt und manifestiert sich so nicht nur auf individueller, sondern auch auf institutioneller und struktureller Ebene in der Konstruktion von Ungleichheit und Diskriminierung. Mit der Betrachtung von sozialer Ungleichheit als einem gesellschaftlich konstruierten Verhältnis unterscheidet sich der machtkritische Empowersharing-Handlungsansatz grundlegend von individualisierenden Ansätzen des Empowerments bzw. Powersharings. Die Transformation von Ungleichheits-, Diskriminierungs- und Unterdrückungsstrukturen wird demgegenüber als ein individuell und kollektiv machtkritisch reflektierter Akt der politischen Intervention aus der machtarmen wie der machtreichen sozialen Positionalität auf die individuelle wie die gesellschaftliche Realität verstanden (vgl. zur reflektierten machtkritischen Handlungspraxis des Empowersharings in drei politischen Räumen ebd., S. 364 ff.).