Außerschulische Bildung 2/2022

Unlearn Racism – Learn Diversity

Homestory Deutschland und die Geschichte hinter der Geschichte

„Unlearn Racism – Learn Diversity“ ist ein Projekt der Georg-von-Vollmar-Akademie und der Initiative Schwarzer Menschen e. V., das in Kooperation mit dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e. V. (AdB) zum AdB-Jahresthema 2021 „Was WEISS ich? Rassismuskritisch denken lernen!“ realisiert wurde. Ausgehend von der Ausstellung „Homestory Deutschland“ wurden Sensibilisierungsworkshops mit Schüler*innen durchgeführt. von Tahir Della und Finja Grotkasten

Die Aktualität von Rassismus wird mittlerweile zunehmend von Medien, Gesellschaft und Politik anerkannt. Lange Zeit herrschte ein Verständnis von Rassismus vor, das ihn als Randphänomen ideologisch im rechten Lager verortete; eine Irrationalität und Ausnahme, die meist von einzelnen Individuen ausgeht. Die Erkenntnis, dass sich rassistische Strukturen aber auch im Staatsapparat, in Institutionen sowie quer durch die Gesellschaft finden lassen und als nicht-absichtsvolle Handlungen auftreten können, dringt nur langsam in das Bewusstsein der Menschen. Rassismus zeigt sich in unterschiedlichen Machtverhältnissen, die sich durch Erziehung, Wertesysteme und Bildungseinrichtungen fortschreiben. Rassismus wirkt als vermeintliche Legitimation von Ungleichheitsstrukturen und agiert dabei intersektional. Das bedeutet, er passt sich an geänderte gesellschaftliche Kontexte an und kann sich mit anderen Diskriminierungskategorien überschneiden.

Über die Art, wie man rassistischen Ressentiments, xenophoben Denkordnungen und Handlungsmustern begegnen kann, wird kontrovers diskutiert. Klar ist, dass es um Transformation(en) geht – sowohl auf individueller als auch kollektiver Ebene. Davor steht ein Prozess des Reflektierens und Erkennens bestimmter Handlungs- und Deutungsmuster, die sowohl in Institutionen als auch in Individuen selbst verankert sind.

Es braucht ein un-Learning und ein neu-Lernen dieser Schemata.

„Mädchen lernen früh, die Welt aus der Perspektive der Jungen zu betrachten, weil Kinderbücher, Trickfilme, Fernsehen und Werbung überwiegend aus ihrer Perspektive erzählt sind. Nicht nur Mädchen lernen, die Welt aus der Perspektive der Jungen zu betrachten. Nicht-weiße Menschen lernen, sich in weiße Menschen hineinzuversetzen, genauso wie Trans-Menschen in Cis-Menschen, queere in heterosexuelle Menschen, und behinderte Menschen in nicht-behinderte Menschen. Das Einfühlungsvermögen von marginalisierten und minorisierten Gruppen wird durch die positive Überrepräsentation der unsichtbaren Norm – weiß, männlich, hetero, cis- und nicht behindert – sehr früh gefördert. Umgekehrt ist es nicht der Fall. (Es) fehlt das Einfühlungsvermögen für diejenigen, die als minderwertig konstruiert wurden.“ (Roig 2021)

Hier beschreibt Emilia Roig, promovierte Politologin, Aktivistin und Direktorin des Center for Intersectional Justice (CIJ) diese Diskrepanz als „Empathielücke“, die für sie eine der Grundlagen von Diskriminierung und Ungleichheit darstellt.

Ausstellung Homestory Deutschland Foto: Meike Popp

Mit der Motivation, Impulse zu setzen, um unter anderem diese Empathielücke zu schließen, haben wir mit dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e. V. (AdB) zum Jahresthema 2021 „Was WEISS ich? Rassismuskritisch denken lernen!“ kooperiert. Das Konzept entstand gemeinsam mit Sarah Bergh-Bieling, die uns auch während der Durchführung konstruktiv und beratend zur Seite stand, sowie mit unseren Trainer*innen Jennifer Tevi und Nkrumah Mbouguen. Die Georg-von-Vollmar-Akademie bedankt sich ganz herzlich bei den Mitwirkenden des Projekts „Unlearn Racism – Learn Diversity“. Danke für die gelungene Kooperation, die Beratung sowie Unterstützung und das tolle Engagement!

Mit dem Titel „Unlearn Racism – Learn Diversity“ möchten wir vor allem den Prozess hervorheben, den es braucht, Verhaltens- und Denkmuster zu hinterfragen, kritisch zu reflektieren und zu verlernen. Uns ist bewusst, dass eine Sensibilisierung mehr braucht als ein singuläres (Schul-)Projekt – aber es soll einen Anstoß geben, Eigeninitiative zu fördern und den Blick über Rassismus als Einzelphänomen zu weiten. So bezieht sich „Diversity“ auch nicht nur auf Rassismus als solchen, sondern soll eine intersektionale Perspektive auf die Querverbindung und Mehrfachbetroffenheit von Diskriminierung nehmen und strukturelle Zusammenhänge aufzeigen.

Die Ausstellung

Die Ausstellung Homestory Deutschland entstand durch den ISD-Bund e. V. (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland), gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb und die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Sie wurde von einem Team aus Personen mit unterschiedlichsten Schwarzen Hintergründen entwickelt: Historiker*innen, Sozialwissenschaftler*innen, Zeitzeug*innen und Fotograf*innen. Heraus kam ein kollektives Selbstportrait, das die afrikanische, afrikanisch-amerikanische und Schwarze deutsche Erinnerungstradition aufgreift, die sich aus der mündlichen und schriftlichen Weitergabe von gelebter Erfahrung zusammensetzt und somit deutsche Geschichte aus einer Schwarzen Perspektive darstellt. Die Ausstellung beinhaltet 27 visuell aufbereitete Biografien Schwarzer Männer und Frauen aus drei Jahrhunderten und macht ihre Erfahrungen und ihr Wissen sowie die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen über eine größere zeitliche Dimension erfahrbar.

Seit vielen Jahrhunderten leben Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland, allerdings ist über ihre Präsenz bislang nur wenig bekannt. Während sie in der offiziellen Geschichtsschreibung als eigenständige Gruppe kaum auftauchen, dominieren in öffentlichen Diskursen zumeist stereotype Klischees. Rassistische Bilder- und Vorstellungswelten sind ein ernst zu nehmender Ausdruck historisch gewachsener Machtverhältnisse, innerhalb derer vergangene und gegenwärtige Schwarze Lebenswirklichkeiten verzerrt oder zum Schweigen gebracht werden.

Die Ausstellung zeigt, in welcher Weise sich gesellschaftliche und damit systemische Rahmenbedingungen in einzelne Lebensgeschichten einschreiben, formen und prägen. Es wird möglich, individuelle Verhandlungen und Entscheidungsfähigkeiten nachzuvollziehen und den ihnen innewohnenden aktiven und bewussten Gestaltungswillen hervortreten zu lassen, der die stete und oftmals mühsame Auseinandersetzung mit der weißen Mehrheitsgesellschaft eindrucksvoll bezeugt.

Rassistische Bilder- und Vorstellungswelten sind ein ernst zu nehmender Ausdruck historisch gewachsener Machtverhältnisse, innerhalb derer vergangene und gegenwärtige Schwarze Lebenswirklichkeiten verzerrt oder zum Schweigen gebracht werden.

Während sechs bebilderte, stichpunktartige Zeitleisten die Existenz einer Schwarzen Geschichtlichkeit von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart faktisch belegen und damit den historischen Rahmen verdeutlichen, sind die einzelnen Biografien bewusst keiner chronologischen Ordnung unterworfen, sondern stehen neben- und miteinander. Vergangene und gegenwärtige Lebensgeschichten kreieren so ihren eigenen Raum/Zeit, überlagern sich, hallen ineinander wider und verknüpfen sich ständig neu. Das dadurch entstehende, Generationen verbindende, kommunikative Spannungsverhältnis erschwert es den Betrachter*innen, sich den porträtierten Personen aus sicherer Distanz zu nähern. Es gibt weder zeitlose noch vergangene Biografien, sondern sie sprechen alle – als Geschichten in Bewegung – im Hier und Jetzt. Sie fordern Interaktion.

Ausstellung Homestory Deutschland Foto: Meike Popp

Dieses interaktive Element soll den Jugendlichen den Einstieg bieten, sich mit den dargestellten Biographien intensiver zu beschäftigen und sie in Beziehung zu ihrer eigenen Lebensrealität zu setzen. Es soll erfahrbar gemacht werden, dass das Leben in („einer“) Gesellschaft bedeutet, dass unterschiedlichste kollektive und individuelle Historien aufeinandertreffen, denen gleichsam mit Respekt und Anerkennung in ihrer Diversität gegenüberzutreten ist, ohne die Geschichte „dahinter“ zu negieren. Gesellschaftliche Teilhabe bedeutet in diesem Kontext auch das Teilhaben an der Erfahrung anderer Menschen; durch Empathie und das Wissen (Was WEISS ich?), dass Biografien immer in ihrem Kontext gesehen werden müssen. Es soll ein Raum geschaffen werden, in dem die historische, politische und kulturelle Auseinandersetzung mit Schwarzer deutscher Geschichte geschieht und zum Teil der kollektiven Erinnerungskultur wird.

Die Sensibilisierungsworkshops

Die Sensibilisierungsworkshops (in Kombination mit der Ausstellung) wurden in den 9. und 10. Klassen der Bürgermeister-Schütte Grund- und Mittelschule in Garmisch-Partenkirchen sowie in der 9. Klasse der Grund- und Mittelschule Bad Kohlgrub durchgeführt. Die Workshops bestehen aus zwei Teilen, für die jeweils eine Doppelschulstunde genutzt wurde (insgesamt 4 Stunden).

Die Trainer*innen haben das Konzept mit dem Anspruch, der Lebensweltorientierung der Jugendlichen gerecht zu werden, entwickelt, indem theoriebasiert mit interaktiven Elementen und einer selbstkritisch-reflexiven Grundhaltung im Mittelpunkt gearbeitet wird.

Im Folgenden wird ein Einblick in einige Ansätze und inhaltliche Schwerpunktsetzungen gegeben.

Teil 1: Selbstidentität, Alltagsrassismus, systemischer Rassismus

Zu Beginn soll den Jugendlichen durch eine Vorstellungsrunde, in der sie beschreiben sollen, was sie als Individuum definiert und ausmacht, das Konzept der eigenen Identität nähergebracht werden. Dies geschieht, nachdem die Jugendlichen durch die Ausstellung bereits Aspekte der Unterschiedlichkeit von Biographien kennengelernt haben. Identität setzt sich aus mehr zusammen als dem Herkunftsland und der Hautfarbe. Es soll deutlich werden, wie Menschen von ihrer Umgebung, dem kulturellen wie gesellschaftlichen Kontext, aber auch individuellen Erfahrungen und (teils kollektiven) Herausforderungen geprägt werden. Gesellschaftliche Homogenität ist ein Konstrukt, dem eine mehrdimensionale Pluralität gegenübersteht, die sich durch die Diversität jedes einzelnen Menschen auszeichnet.

Mit der „Thematisierung der pluralen Gesellschaft (soll) das Zusammenleben von Individuen im Fokus stehen, und zwar von Individuen, die in ihrer Identität immer einzigartig, mehrbezüglich, komplex und wandelbar sind. Wir schlagen hierfür den Begriff des pluralen Individuums vor: Jeder Mensch ist einzigartig, die persönliche Identität ist potenziell durch unendlich viele Identitätsbezüge und Zugehörigkeiten geprägt.“ (Zusammenleben neu gestalten/Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e. V. 2019, S. 22)

In diesem Kontext wird deutlich gemacht, dass eine Anerkennung des pluralen Individuums durch unterschiedlichste xenophobe Phänomene, sowohl auf individueller als auch struktureller Ebene, herausgefordert wird. Es werden Begriffe wie internalisierter und systematischer Rassismus aufgegriffen und deren Funktionslogiken wie Othering und Mikroaggressionen erklärt. „Menschen werden auf einen (realen oder imaginierten) kollektiven Identitätsbezug reduziert und nicht in ihrer mehrbezüglichen Individualität wahrgenommen.“ (Ebd., S. 24)

Es braucht eine Bewusstwerdung dieser Reduktion, um antirassistisch handlungsfähig zu sein und gesellschaftlich etablierte Denkmuster umzufunktionieren.

Lern- und Verlernprozesse bedürfen der Repetition und Unterstützung.

Anhand des Beispiels des „White Saviorism“ Der von Teju Cole geprägte Begriff „White Savior Complex“ beschreibt das Phänomen des westlichen Retter*innen-Narrativs, in dem sich potenzielle Helfer*innen dazu berufen fühlen, in Ländern des globalen Südens Volunteer-, Entwicklungs- oder Hilfsarbeit zu leisten. In der Regel wollen sie „etwas zurückgeben“, und „was Gutes tun“, verfolgen ehrenhafte Motive. Vielen ist jedoch die grundlegende Problematik nicht bewusst, die bestehende Machtstrukturen aufrechterhält und am Ende häufig öffentlich reproduziert wird (vgl. Sand 2019). wird erneut ein Perspektivwechsel vorgenommen, um zu zeigen, dass Hilfe zwar gut gemeint, aber auch nicht hilfreich sein kann. Voluntourismus, das Reisen in sogenannte Entwicklungsländer, um dort die vermeintlich Hilfsbedürftigen zu unterstützen, schreibt letztlich das eurozentrische rassistische Bild von „Afrika“ fort.

Jugendlichen soll der Blick geschärft werden, wie BIPoC und Afrikaner*innen im Speziellen in Werbung, Filmen, Popkultur und virtuellen Räumen häufig dargestellt werden und dadurch mehr der Befriedigung der weißen Mehrheitsgesellschaft dienen und den Status Quo erhalten, als tatsächliche Machtstrukturen zu verändern.

Teil 2: Geschichte der BIPoC/Afrikaner*innen in Deutschland – Was lernen wir (nicht)?

Der zweite Teil besteht aus einem Block, der mithilfe von Planspielen und Diskussionen Wissen lebhaft vermittelt und einen kritischen Blick auf bisher im Geschichtsunterricht Erlerntes lenken soll.

Spannende Elemente aus der Afrikanischen Historie werden aufgegriffen, wie z. B. die ersten Zivilisationen und deren Spiritualität, einflussreiche Glaubensrichtungen (z. B. der Kush König Pyenki oder Voodoo), starke Persönlichkeiten wie die Prinzessin Yennenga (Gründerin des Moogo Königreichs: heute Burkina Faso) und Mansa Musa, der reichste Mann der Weltgeschichte. Auch der Bezug zu wichtiger Forschung und zu Erfindungen, die in Deutschland heute noch genutzt werden, wird hergestellt – beispielsweise die ersten mathematischen Instrumente (8.500 v. Chr.), Elemente afrikanischer Architektur und Medikamente für Krebsbehandlungen.

Zur Afrikanischen Geschichte gehört auch die Zeit des Kolonialismus – und der Widerstand dagegen. Thematisiert werden Deutsche Kolonien in Afrika, die Berliner Kolonialkonferenz 1884/85 (vgl. z. B. Muyemba 1996) und die Aufteilung Afrikas unter den europäischen Mächten sowie der Genozid an den Herero und Nama in Namibia.

Um zu zeigen, wie verbunden manche Aspekte der Historie mit heutigen Realitäten sind, wird die Bedeutung von Haaren und Frisuren sowohl in Alt-Afrika und in Zeiten der Sklaverei als auch in der heutigen Zeit thematisiert. Es wird verdeutlicht, dass diese durch den Geschichtsbezug Identifikationswirksamkeit für die ganze afro-diasporische Community haben (können). So soll konkretisiert werden, dass Menschen aufgrund äußerer Merkmale wie der Haarstruktur noch immer rassifiziert werden, andererseits aber auch kulturelle Aneignung (von Frisuren) eine rassistische Praxis ist, die aufgrund der historisch gewachsenen ungleichen Machtverhältnisse definiert und kritisiert werden muss.

Im besten Fall sollen Schüler*innen eine Haltung entwickeln, die diskriminierungsfrei und antirassistisch ist, xenophobe Denkmuster hinterfragt, und diesen Habitus in die Gesellschaft tragen.

Als letzter Themenblock und Ausklang des Workshops sollen aus der Ausstellung bereits bekannte, aber auch unbekannte Biographien gemeinsam besprochen werden. An welche Personen, vor allem auch Frauen aus dem Widerstand gegen den Kolonialismus, können sich die Jugendlichen erinnern? Welche Biographien finden die Jugendlichen besonders beeindruckend?

Die Schüler*innen sollen sich noch einmal bewusstmachen, wie komplex und divers einzelne Lebensgeschichten sind – immer in Auseinandersetzung mit der eigenen Historie und in Reflexion, welche Herausforderungen struktureller oder individueller Natur sind. Sie machen sich bewusst, in welcher Weise sie Teil davon sein können, dass sich Rassismus in der heutigen und zukünftigen Geschichte nicht mehr fortschreibt.

Resümee

Lern- und Verlernprozesse bedürfen der Repetition und Unterstützung. Es wird den Schulen empfohlen, einzelne Aspekte auch in anderen Fachbereichen aufzugreifen. Es bietet sich beispielsweise an, in Informatik über bestimmte Biographien vertieft zu recherchieren und im Deutschunterricht thematische Sachtexte zu verfassen. Uns ging es mit dem Projekt „Unlearn Racism – Learn Diversity“ darum, den Schüler*innen deutlich zu machen, wie tief die Wurzeln des Rassismus in den unterschiedlichsten Bereichen des (alltäglichen) Lebens verankert sind und nach wie vor die Lebenswelt – und damit die Biographien – Schwarzer Menschen beeinflussen.

Was die Sensibilisierungsworkshops allerdings nicht leisten sollen, ist die Erfüllung der Aufgaben, die eigentlich dem Geschichtsunterricht obliegen sollten: eine Aufklärung über die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika und die Auswirkungen bis heute, Neokolonialismus und der Widerstand dagegen. Idealerweise sollten die Workshops eine Ergänzung durch Multiperspektivität und dementsprechend eine Vertiefung und Festigung des Wissens der Schüler*innen bieten. Da die Realität oft anders aussieht, fordern wir eine kritische Auseinandersetzung mit und gegebenenfalls Überarbeitung von Lehrplänen und -büchern. Eine Durchführung der Sensibilisierungstrainings für Lehrkräfte und Eltern wäre ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung.

Im besten Fall sollen Schüler*innen eine Haltung entwickeln, die diskriminierungsfrei und antirassistisch ist, xenophobe Denkmuster hinterfragt, und diesen Habitus in die Gesellschaft tragen. Dahinter steht natürlich auch die Frage, wie allen Menschen ein gutes und gleichberechtigtes Leben ermöglicht werden kann – auf dem Weg, diese Frage zu beantworten, braucht es ebenso Demokratiebildung und Ansporn zu politischer Partizipation.

Dieses Projekt soll ein Einstieg sein und Anknüpfungspunkte sowohl zu anderen Unterrichtsthemen als auch in den Lebensrealitäten der Jugendlichen finden.

„Das Projekt soll zeigen, wie vielfältig der Afrikanische Kontinent ist, dass es verschiedene Kulturen gibt, die jeweils eigene Sichtweisen haben. Die Geschichte Afrikanischer Menschen reduziert sich nicht auf Sklaverei und Kolonialismus – es gab auch eine Epoche davor und vor allem gegen Unterdrückung haben Afrikaner*innen immer Widerstand geleistet. Die beste Art und Weise, um in einer multipolaren Welt von verschieden Kulturen zu lernen, ist es, die Geschichten von den jeweiligen betroffenen Völkern selbst zu lernen und zu verinnerlichen. Wir wollen aus der Geschichte Lehren ziehen, um die Gegenwart zu mobilisieren und die Zukunft zu beeinflussen.“ (Nkrumah Mbouguen, Afrikaner, einer der Trainer*innen über das Projekt; Kwame Nkrumah: „Ich bin nicht Afrikaner, weil ich in Afrika geboren bin, sondern weil Afrika in mir geboren ist.“)

Zur Autorin/zum Autor

Finja Grotkasten ist Masterstudentin „Political Science” und ehemalige Mitarbeiterin der Georg-von-Vollmar-Akademie e. V. (www.vollmar-akademie.de), einer seit 1948 bestehenden, gemeinnützigen Einrichtung der politischen Bildung mit einer Bildungsstätte auf Schloss Aspenstein in Kochel am See. Die Akademie ist bundesweit tätig und fühlt sich den Ideen und Grundwerten der Sozialen Demokratie verpflichtet. Finja Grotkasten ist interessiert an queerfeministischen Bewegungen und Gesellschaftsutopien.
finja.grotkasten@vollmar-akademie.de
Foto: Stefan Loeber
Tahir Della, ISD e. V. (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland e. V.)
tahirdella@isdonline.de

Literatur

Della, Tahir (2011): Eine Schwarze deutsche Geschichte und wie sie Wirklichkeit wurde. In: Oppong, Marvin (Hrsg.): Migranten in der Deutschen Politik. Heidelberg: Springer, S. 101–108; https://doi.org/10.1007/978-3-531-93316-0_12 (Zugriff: 22.03.2022)
Muyemba, Jean-Jérôme Chico-Kaleu (1996): Die Berliner Kongo-Konferenz 1884/85 und die Aufteilung Afrikas: eine sozio-ökonomische Zerstörung mit Langzeitwirkung. Berlin: Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege
Roig, Emilia (2021): Why We Matter: Das Ende der Unterdrückung. Berlin: Aufbau Verlag (3. Auflage)
Sand, Fabienne (2019): „White Savior Complex“ auf Instagram: Posen für den guten Zweck. In: Zeit Online vom 21.12.2019; www.zeit.de/zett/2019-12/white-savior-complex-auf-instagram-posen-fuer-den-guten-zweck (Zugriff: 05.05.2022)
Zusammenleben neu gestalten. Angebote für das plurale Gemeinwesen. Prozessbegleitung. Impulse. Reflexionen/Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e. V. (Hrsg.) (2019): Zusammenleben neu gestalten. Konfliktkultur?!? Anregungen zum Umgang mit Othering und Anfeindungen. Frankfurt am Main: DeGeDe; www.degede.de/wp-content/uploads/2019/05/zng-broschuere-konfliktkultur-ansicht.pdf (Zugriff: 22.03.2022)