Außerschulische Bildung 2/2024

Venues of Victims – Venues of Perpetrators

Historisch-politische Bildung zwischen Kontroversitätsprinzip und demokratischen Grundwerten

Themen und Praxen aus dem Feld der Diktaturaufarbeitung lassen sich gut mit Formaten der internationalen Jugendaustauschprogramme kombinieren. Ein erkennbarer Gegenwartsbezug der behandelten historischen Themen erleichtert die Orientierung der Teilnehmenden, sorgt aber auch für mehr Konfliktpotenzial innerhalb der Gruppe, wie die Auswertung eines Sommercamps in Kroatien zeigt. von Boris Stamenić und Markus Rebitschek

Im Jahr 2018 wurde das Projekt „Venues of Victims // Venues of Perpetrators. Mapping, Decoding & Processing the Role of Historical – civic education in (European) Youth Work“ von der Stiftung „Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar“ (EJBW) und seinen internationalen Partnern erfolgreich umgesetzt (vgl. Stamenić/Rebitschek 2019, S. 41 ff.). Das einjährige Projekt mit fünf Veranstaltungen europaweit wurde in enger Kooperation mit Gedenkstätten, Museen, Forschungs- und Jugendbildungseinrichtungen aus zwölf europäischen Ländern durchgeführt. Die Projektaktivitäten folgten der Leitidee, die (National-)Geschichte der besuchten Länder aufzugreifen, um nicht nur die einzelnen Geschichtsereignisse, ihre Deutungen und erinnerungskulturellen Repräsentationen dem internationalen Teilnehmendenkreis auf verständliche und spannende Weise beizubringen, sondern auch übertragbare Erfahrungen und Einsichten zu ermöglichen, die zur historisch-politischen Bildung der Teilnehmenden beitragen.

Im Laufe des Projektes wurde festgestellt, dass das Thema der Diktaturen im Nachkriegseuropa auf das größte Interesse der Teilnehmenden stieß. Das Interesse war vor allem unter den jungen Menschen aus Ländern Mittelosteuropas sowie aus Portugal und Spanien bemerkbar, welche die länderübergreifenden Parallelen bezüglich der Themen Diktaturerfahrung, Diktaturüberwindung und Diktaturaufarbeitung gut aufgreifen konnten. Demnach wurde entschieden, die Thematik einer zweiten Projektphase auf die diktatorialen Ordnungen in Mittelost- und Südeuropa nach 1945 zu richten.

Nach mehreren durch die Covid-19-Pandemie bedingten Verschiebungen fand der Projektauftakt Ende 2021 in Ljubljana statt. Die Hauptstadt Sloweniens bot die Möglichkeit für den inhaltlichen Einstieg in die Auseinandersetzung mit verschiedenen Facetten der Geschichte des sozialistischen Jugoslawiens (1945–1991). Das gleiche Thema stand im Fokus eines Sommercamps in Kroatien. Dazwischen fand ein Trainingskurs in Weimar statt, dessen Bestandteil ein Besuch der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt war, um den Teilnehmenden ein Beispiel guter Praxis der Diktaturaufarbeitung im Detail vorzustellen. Die zweite Projektphase wurde mit einer Abschlusskonferenz in Lissabon beendet. Die Besprechung der Projektergebnisse und Zukunftsideen in der Kombination mit dem Besuch öffentlicher Veranstaltungen anlässlich des 49. Jahrestages der Nelkenrevolution in Portugal (25. April 1974) zeigte sich als bereichernd für die Planung der weiteren Aktivitäten.