Außerschulische Bildung 3/2021

Verschwörungstheorien in Erwachsenenbildungseinrichtungen

Überzeugungen und Wahrnehmung von Lehrenden

Im Zuge der COVID-19-Pandemie haben Verschwörungstheorien und die Zahl der Menschen, die an diese glauben, stark zugenommen. Verschwörungstheorien sind – nicht erst seit Corona – ein relevantes Thema auch für die politische Erwachsenenbildung, aber es fehlt bisher an Studien, die die Verbreitung von Verschwörungstheorien in Erwachsenenbildungseinrichtungen sowie den Umgang der Lehrenden damit untersuchen. Die hier vorgestellte Studie stellt eine erste Exploration des Feldes der Erwachsenenbildung dar. von Elizaveta Firsova und Bastian Vajen

Die COVID-19-Pandemie und die hiermit verbundenen staatlichen Reaktionen zu ihrer Bekämpfung haben eine Reihe von Verschwörungstheorien entstehen lassen, die durch unterschiedliche Formate und Artikulationsformen Eingang in den öffentlichen Diskurs gefunden haben (vgl. Körner 2020). So geht fast ein Drittel der Deutschen davon aus, dass die Welt von geheimen Mächten gesteuert wird und über ein Viertel lehnt die wissenschaftlichen Erklärungen der COVID-19-Pandemie mit einer Neigung zu Verschwörungstheorien ab (vgl. Roose 2020; Rothmund et al. 2020).

Als Verschwörungstheorien können Versuche bezeichnet werden, die Ursachen bedeutender sozialer und politischer Ereignisse mit angeblichen, geheimen Komplotten mächtiger Akteure zu erklären (vgl. Douglas et al. 2019). Der Glauben an diese erhält vor allem in gesellschaftlichen Krisensituationen, die häufig von Gefühlen der Angst und Unsicherheit geprägt sind, Zuwachs. Die hierdurch ausgelösten Sinnbildungsprozesse erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Personen Verschwörungen in ihrem sozialen Umfeld vermuten und Theorien über diese Glauben schenken (vgl. van Prooijen/Douglas 2017). Weiterhin ist der Glaube an eine Verschwörungstheorie häufig mit dem Glauben an weitere Verschwörungstheorien verbunden, sodass dies auch als Verschwörungsmentalität bezeichnet wird, die als stabiles Persönlichkeitsmerkmal eine höhere Zustimmung zu verschwörungstheoretischen Narrativen und Erklärungen mit sich bringt (vgl. Imhoff/Lamberty 2018).

Durch die Verbindung von Verschwörungstheorien mit antisemitischen und rassistischen Motiven, dem Wunsch nach einer alternativen politisch-gesellschaftlichen Realität mit autoritären Zügen und der Umdeutung kritischen Denkens in zynische Ablehnung demokratischer Prozesse, stellen Verschwörungstheorien insgesamt eine Gefahr für die liberale demokratische Gesellschaft dar (vgl. Butter 2018; Moore 2018). In diesem Zusammenhang ist es kaum verwunderlich, dass Verschwörungstheorien auch für die Erwachsenenbildung als ein relevantes Thema identifiziert werden kann (vgl. Hufer 2019). Allerdings fehlt es in diesem Zusammenhang noch an Studien, die die Verbreitung von Verschwörungstheorien in Erwachsenenbildungseinrichtungen sowie den Umgang der Lehrenden mit diesen untersuchen und Rückschlüsse auf verschwörungstheoretische Überzeugungen des Lehrpersonals selbst zulassen. Diese Lücke kann anhand einer ersten Exploration des Feldes der Erwachsenenbildung, die im Rahmen des Projekts TEACH: Targeting Extremism and Conspiracy Theories von der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde, ansatzweise gefüllt werden.