Außerschulische Bildung 3/2021

„Wir machen es einfach online, dann können alle teilnehmen.“ – Wirklich?

Inklusion als Herausforderung für die (digitale) politische Bildung

Als Antwort auf die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie wurden viele Angebote der außerschulischen politischen Bildung in den digitalen Raum verlegt. Barrierefreiheit ist dort, ebenso wie offline, ein Schlüsselelement, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung Teilhabe erfahren können. Ob der Transfer in der Praxis gelingt und welche Erschwernisse aber auch Chancen sich für inklusive Bildungsangebote in Pandemiezeiten ergeben, wird folgender Beitrag betrachten. von Stefanie May

Die 2009 von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention gilt international als Meilenstein der Menschenrechte. Die medizinische Sichtweise auf Behinderung wird überwunden; das Individuum wird nicht mehr als defizitär beschrieben: Behinderung gehört zu gelebter, menschlicher Vielfalt. Die Konvention verbietet nicht nur die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, sondern garantiert ihnen gleiche Rechte sowie Teilhabe in allen Lebensbereichen im Sinne einer vollständigen sozialen Partizipation. Bildung wird hiervon nicht ausgeklammert. Der Zugang im Kontext des lebenslangen Lernens soll auf allen Ebenen gewährleistet werden. Die Bereitstellung barrierefreier, inklusiver Bildungsangebote ist daher eine zentrale Aufgabe der politischen Bildung.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten zum Jahresende 2019 rund 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland. Als schwerbehindert gelten Personen, denen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 zuerkannt wurde (vgl. Destatis 2020). Menschen mit Behinderung stellen keine homogene Gruppe dar – Erscheinungsbilder körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigungen sind vielfältig. Ebenso sind es die jeweiligen Bedürfnisse oder auch die Barrieren, die es zu beseitigen gilt, um Inklusion zu ermöglichen. Der Begriff Inklusion wird häufig in Abgrenzung zum Begriff Integration definiert. Dabei handelt es sich nicht per se um konträre Konzepte, vielmehr werden die Termini in einzelnen Fachdisziplinen unterschiedlich verwendet (vgl. Kastl 2017). Aus soziologischer Perspektive beschreibt Inklusion eine Gesellschaft, an der alle Menschen, unabhängig ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder einer Beeinträchtigung gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben können. Demnach begründet sich das Recht auf Inklusion aus der Annahme, dass etwaige Unterschiede für den gleichen Zugang irrelevant sind. Eine aus einer vermeintlichen Andersartigkeit resultierende Anpassungsleistung wird nicht gefordert. Das Ziel von Inklusion ist die Schaffung struktureller Zugänge sowie das Beseitigen von Hemmnissen (vgl. ebd.). Der individuelle Unterstützungsbedarf wird insbesondere in der förderpädagogischen Diskussion dazu genutzt, Personengruppen zu definieren, ohne eine defizitorientierte Unterteilung in einzelne Behinderungsbilder vorzunehmen. So wird von Schwerpunkten in der Förderung gesprochen; beispielsweise „Körperliche und motorische Entwicklung“, „Lernen“ oder „Hören“ (vgl. Ackermann/Ditschek 2015). Anhand dieser Sichtweise wird deutlich, dass Hilfestellungen, die eine Teilhabe ermöglichen, sehr unterschiedlich ausfallen können und angepasst werden müssen. So selbstverständlich dies auch klingt – die Ausgestaltung von Bildungsangeboten für alle stellt die Praxis der politischen Bildung vor große Herausforderungen – und dies bereits vor den Einschränkungen durch die Coronapandemie.

Zielgruppenorientierung vs. inklusive Bildungsangebote